26 Juni 2011

szene: Alexander Rodtschenko

alexander rodtschenko revolution der fotografieALEXANDER RODTSCHENKO
REVOLUTION DER FOTOGRAFIE


zeitraum: 28.05.2011 - 14.08.2011
location: fotomuseum winterthur,
grüzenstrasse 44 - 45, ch-8400 winterthur (zürich)

kosten: fr. 8.-
details: fotomuseum.ch

Schon vor geraumer Zeit erhielt ich einen Umschlag mit lauter schönen Informationen über die kommenden Ausstellungen im Fotomuseum Winterthur. Ich öffnete ihn, las rauchenderweise durch was mir mitzuteilen war und beschloss, dass eine Reise in die schöne Schweiz unausweichlich schien. Überhaupt darf dieses Land als zwingende Alternative zum argentinischen Exil betrachtet werden, wenn die Zeit gekommen ist. Nun jedoch ging es um keine Entscheidung von solcher Tragweite und auch nicht um die angekündigte Ausstellung des chinesischen Künstlers Ai Weiwei, sondern um jene des großen russischen Konstruktivisten Alexander Rodtschenko.

Als er 1924 beschloss sich der Fotografie zu widmen, war er bereits als Maler, Bildhauer und Grafiker bekannt. Unter dem Ausruf 'Experimentieren ist unsere Pflicht' legte er den Grundstein für eine neue Rolle des Fotografen in der Fotografie. Weg von der ausschließlichen Abbildung dessen was wir als real ansehen und hin zur visuellen Darstellung dessen was wir Denken. Der Künstler als 'Künstler-Ingenieur', wie es die Herrschaften des Fotomuseums Winterthur in ihrem Pressetext schreiben.

Alexander Rodtschenkos Werk ist alles andere als Konstant. Die Veränderungen prägen sein Wirken und Denken. Es sind nicht nur seine großartigen Motive die mich beeindrucken, sondern auch die gelungene Kombination dieser mit seinen Texten. Zweifelsohne inspiriert diese Ausstellung und man kommt nicht umher sind eingehend mit Rodtschenko auseinanderzusetzen. So stieß ich dann auch auf eine Reihe seiner gestalterischen Arbeiten, wie jene die in Zusammenarbeit mit Wladimir Majakowski entstanden. Zum Beispiel einige Werbetexte und Bilder die sich auf das für den Betrachter Wesentliche beschränken. So mag man es, so gefällt es uns.

Für visuelle Inspirationen sei ein Besuch der Website fotomuseum.ch anempfohlen. Desweiteren naht die große Reisezeit. Ersparen Sie sich unspektakuläre Trips in Länder die an der Schwelle zum Staatsbankrott stehen. Besuchen Sie die Schweiz und erleben Sie eine großartige und vom Moscow House of Photography Museum organisierte Ausstellung.

medientipps:

11 Juni 2011

film: Generation OS13

generation os13GENERATION OS13
THE NEW RESISTANCE CULTURE
- (uk / 2011)
director: Michael Oswald
producer: John-Paul Pryor
camera: Michael Oswald
researcher: Michael Horwarth
music: Various

Ein irgendwie verrücktes Jahr geht bald in die zweite Halbzeit. Dem sogenannten 'arabischen Frühling' wird in unseren Breiten wieder weniger Aufmerksamkeit geschenkt - und mit dem Umstand, dass ein Eingreifen der NATO im lybischen Konflikt doch nicht nur von kurzer Dauer sein wird, haben sich die meisten Menschen auch arrangiert. Über die gegenwärtigen Zustände in Spanien haben die Massenmedien erst mit einiger Verzögerung begonnen zu berichten. Da hat es kräftig geknallt. Und jetzt? Alles wieder vorbei? Obwohl doch keine Handynetze in Madrid abgestellt werden und die unabhängige Berichterstattung nicht eingeschränkt wird, erobert die populäre Protestbewegung in Spanien selten die hiesigen Schlagzeilen. Woran liegt das? Übrigens wurde doch vor ein paar Wochen der Tod des 'Terrorfürsten' Osama Bin Laden verkündet - wie steht es eigentlich um die Menschen, die im Rahmen der Operation festgenommen wurden? Und die ganzen beschlagnahmten Informationen? Hakt da niemand mehr nach? Gibt es da keine journalistische Verantwortung zu erfüllen? Wer setzt die Prioritäten?

Machen wir nach diesen zwingenden Fragen einen Schnitt, jedoch nicht ohne ausdrücklich festzuhalten, dass es um die Unabhängigkeit der Medien in unserer eigentlich freien Informationsgesellschaft eher bescheiden steht. Der geschützte und unabhängiger Austausch von Informationen und ungefilterte Verbreitung sind so wichtig wie eh und je. Deshalb ist Datenjournalismus so wichtig, wobei gleich anzumerken sei, dass Julian Assange keineswegs der Messias und die Plattform Wikileaks lediglich ein ganz besonders gutes Exempel für das Potential von Datenjournalismus ist. Es gibt viele mehr und es werden mehr werden. Das globale Kollektiv Anonymous hingegen hat weitaus mehr Sprengkraft. Erstmals als ein rein virtuelles Phänomen in Erscheinung getreten, wird Anonymous heute auch in der ganz realen Protestbewegung sichtbar und scheint mehr und mehr dem Schatten von Nerds und Netzkultur herauszutreten.

In Michael Oswalds Dokumentation Generation OS13 - The New Resistance Culture wird diese Entwicklung sehr deutlich. Erste Szene: Vor der Kamera eine Person, getarnt mit der typischen V for Vendetta - Maske und aus dem Off erklingt eine computergenerierte Stimme, die ein deutliches Statement abgibt. Der Rahmen ist gesetzt und in den folgenden dreissig Minuten führt uns der Film schonungslos vor Augen wie die Beschneidung unserer individuellen Freiheiten, und die damit einhergehende Repression, eng mit dem Bestreben der Finanzwirtschaft, und vieler Staatslenker, verknüpft ist das gegenwärtige monetäre System zu erhalten. Doch mit welchen Mitteln? Ein Finanzsystem in dem die Worte Gerechtigkeit und Gemeinwohl nur noch Worthülse, eine sinnfreie Aneinanderreihung von Silben, sind. Die Mischung aus O-Tönen, eingebetteten Videos und schnellen Schnitten ist gelungen und will natürlich Stimmung machen.

Hat man doch alles schon gesehen und gehört, weiß man doch und ändert so ein Film auch nichts dran? Das könnte ein Teil der geneigten Leserschaft nun anmerken. Ja, das mag sein und doch ist da mehr. Die mit einfachen Mitteln fein dargestellte Verknüpfung von Kunst, Kultur und Protestkultur ist gelungen. Die Arbeit von Oswald und Pryor hat sich gelohnt. Und eben auch deshalb, weil Sie sehr gute Menschen einen Rahmen bieten und sie ungefiltert zu Wort kommen lassen. Neben Interviews mit den Musikern Anika, Billy Childish, Gaggle und Saul Williams kommt auch der Autor und Journalist Nicholas Shaxson (Schatzinseln: Wie Steueroasen die Demokratie untergraben") zu Wort.