Oliver Polak / Ich darf das, ich bin Jude
186 Seiten / 1.Auflage September 2008
Kiepenheuer & Witsch / 8,95 Euro
Provokant, deftig und laut - die ersten 30 Jahre eines Juden in Papenburg.
Oliver Polak erzählt uns seine Geschichte, naja fast jedenfalls. Seine verkorkste Schullaufbahn, die Beschneidung seines kleinen "Schmock", der tägliche Kampf mit seiner herrlich-herrischen Mutter und seinem charmant-neurotischen Vater. Eigentlich klingt das nicht so aufregend, wäre der Schauplatz nicht das kleine Papenburg im Herzen von Niedersachsen und die Erzählweise so skuril, sowie extrem komisch.
Polak spielt mit Klischees, die Pointen sind bisweilen bitterböse und irgendwie finden manche Menschen dieses Buch bestimmt mehr als politisch unkorrekt. Schon zu Beginn bietet uns der Autor an, dass er für die Zeit der Lektüre den Holocaust vergisst und wir dafür die Existenz Michel Friedman verzeihen mögen - und so gehts munter weiter. Mir hat das Buch drei Tage bereitet, in denen ich morgens und abends die Bahnfahrt nicht ohne ein dickes Grinsen hinter mich bringen konnte.
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31 Oktober 2008
buch: Oliver Polak / Ich darf das, ich bin Jude
27 Oktober 2008
buch: David Foster Wallace / Vergessenheit
David Foster Wallace / Vergessenheit
aus dem Amerikanischen von U.Blumenbach und M.Ingendaay
Kiepenheuer & Witsch / 18,95 Euro
Sie sind hyperaufgeklärt und doch so gewöhnlich - der alltägliche Wahn.
Eine mißglückte Schönheitsoperation und ihre grotesken Folgen, der Versuch eines Ehepaares nächtliches Schnarchen im Schlaflabor und damit die eigene Ehe zu analysieren, sowie ein Künstler, der seine Ausscheidungen zu Kunst erklärt und damit sogar in einem populären Hochglanzmagazin landet. Mit intelligentem Witz und in anspruchsvollem Stil nimmt David Foster Wallace die Leser mit auf eine Reise durch Wahn und Wirklichkeit.
Anzumerken ist noch, dass der Autor mit nur 46 Jahren freiwillig aus dem Leben geschieden ist. Seine Ehefrau fand ihn im September erhängt in seinem Haus auf. Seine Suche nach einer neuen Form der Literatur, in dieser vielschichtigen Zeit aus Kommunikation und Medienwahn, konnte er nicht im eigenen Sinne beenden - aber er hat uns ein großartiges Erbe hinterlassen.
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14 Oktober 2008
buch: Adam Davies / Goodbye Lemon
Adam Davies / Goodbye Lemon
aus dem Amerikanischen von Hans M. Herzog
Diogenes Verlag / 21,90 Euro
Es ist wunderbar, wenn ein Buch einen gleichermaßen berührt, wie unterhält - Goodbye Lemon ist ein solcher Roman.
Jackson Tennant ist ein glückloser Akademiker, liebt die bildhübsche, selbstbewusste Hahva und platziert jeden Abend einen orangefarbenen Kinderflipflop zwischen Matratze und Lattenrahmen seines Bettes. Er hat seit dem 22.Lebensjahr keinen Schluck Alkohol mehr angerührt und den Verlust seines, mit 5 Jahren ertrunkenen, kleinen Bruders nie verarbeitet.
Nun kehrt er gemeinsam mit Hahva an den Ort seiner Jugend zurück. Sein ihm verhasster Vater leider nach einem schweren Schlaganfall am sogenannten "Locked-In-Syndrom". Der große Bruder ist Alkoholiker und seine neurotische Mutter sorgt sich unentwegt um die häusliche Ordnung. Nicht das er gerne zurückkehrt - nein, eigentlich würde die lebenslange Flucht vor der Vergangenheit fortführen. Konfrontiert mit den neuen Umständen beginnt eine Suche nach der Wahrheit. Was ist damals wirklich mit dem kleinen Dexter - auch Lemon genannt - passiert und wer trägt die Schuld an dessen Tod?
Adam Davies, dessen erster Roman "Froschkönig" nun nach einem Drehbuch von Bret-Easton Ellis verfilmt wird, hat eine tragische und urkomische Geschichte zu Papier gebracht. Der lockere Stil und die ernsthaften Hintergründe ergänzen sich großartig. Super Buch!
und nun die werbung:
06 Oktober 2008
szene: Berlin Calling
Berlin Calling
Filmfest Hamburg (2008)
regie: Hannes Stöhr
cast: Paul Kalkbrenner, Rita Lengyel, Corinna Harfouch, (...)
vö deu: 09/2008
music: Paul Kalkbrenner
Berlin Calling schafft es Traum und Wirklichkeit im Leben eines Künstlers auf die Kinoleinwand zu bannen.
Lange habe ich mich auf die Vorpremiere im Rahmen des Hamburger Filmfest 2008 gefreut und dann war es soweit. Die vier Kombitickets für Film und Party waren gekauft. Die Erwartungen wurden von der ersten Minute des Streifens an erfüllt. Seit dem 02.Oktober ist er offiziell angelaufen. Regisseur Hannes Stöhr hat sich mit Paul Kalkbrenner einen großartigen Künstler ans Set geholt, der ein sensationelles Schauspieldebüt hinlegt. Berlin Calling ist kein Film über die Elektroszene, Drogen, Liebe oder Berlin - nein, vielmehr ein Film über unsere heutige Zeit, der es einem schwer macht ruhig im Kinosessel sitzen zu bleiben.
Der Berliner Elektro Komponist Martin (Paul Kalkbrenner), genannt DJ Ickarus, tourt mit seiner Managerin und Freundin Mathilde (Rita Lengyel) durch die Tanzclubs der Welt und sie stehen kurz vor ihrer größten Albumveröffentlichung. Als Ickarus jedoch nach einem Auftritt im Drogenrausch in eine Berliner Nervenklinik eingeliefert wird, kommen alle Pläne durcheinander – Eine Tragikomödie im Berlin von heute.
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