22 Dezember 2011

einwurf #35

logorama screenshotdas ist unser einwurf #35
heute: jahresabschluss.

Das kann es ja nicht sein. So still soll dieses Jahr nicht beschlossen werden. Stehen wir auf und schreien einfach mal lauthals los - aber bitte einsilbig. Das soll sehr hilfreich sein und es baut unwahrscheinlich viel Stress ab. Man könnte dem Schrei also eine Ventilwirkung zuschreiben. Vermutlich wird er auch überhaupt nicht gehört werden und damit niemanden stören, weil alle erkältet, komplett verschuldet, zu spät dran mit den Geschenken und dauerbesoffen vom Glühwein sind. Kollektiv wird dazu das Ausbleiben von Schnee, Eis, Glätte und Streumittelmangel so sehr verachtet, dass sowieso alle menschlichen Verfehlungen unumwunden hingenommen werden.

Der Jahresabschluss also. Lange blieben hier die Zeilen ungeschrieben, weil die Gedanken nicht ausgegoren oder der Autor zu erschöpft war. Eine gute Erschöpfung zumeist, für die dankbar zu sein, nicht schwer fällt. Unbekannterweise und allerseits Danke, an dieser Stelle. Weiteres wird internen Depeschen entnehmen zu sein. Transparenz ist eine Mode, die der gewiefte Zeitgeist heuer meidet.

Ein audiovisueller Genuss soll die geneigte Leserschaft auf den letzten Atemzügen, bis zur von Schwefelqualm geschwängerten Silvesternacht, begleiten. Es handelt sich um den kurzen Film 'Logorama', dessen Idee und Realisation auf das Konto von Francois Alaux, Hervé de Crécy und Ludovic Houplain gehen.

Exzellent zeigt dieser wunderbar gemachte Film unter anderem auch, dass es nicht nur Töne sind, die eine Rolle zu spielen haben, wenn wir uns über Lärm unterhalten. Weitaus mehr könnte dazu geschrieben werden, denn dies war die eigentliche Assoziation des Autors zwischen Video und einleitenden Worten: Zu viel des Guten, ist nicht mehr gut oder: auch Logos machen Lärm. Allerlei Phrasen und zu diesen greift man insbesondere dann, wenn man müde ist. Das darf man nach diesem Jahr auch sein und so wird ein gute Zeit gewünscht, tatsächlich darum gebeten, sich allerseits verstärkt für Frieden, Verständigung und Geschwisterlichkeit einzusetzen und einmal laut geschrieen. Auf bald!

18 Oktober 2011

film: Apparat - The Devil's Walk

Apparat The Devils WalkAPPARAT
THE DEVIL'S WALK
agile films (uk / 2011)
director: Luke Bellis
editor: Rob Simpkins
dop: Emma Dalesman
executive producer: John Moule

Es sollen ein paar Worte über den Musiker 'Apparat' geschrieben werden - mit bürgerlichem Namen Sascha Ring, zumeist sesshaft in Berlin, mit seiner Veröffentlichung 'DJ-Kicks' im vergangenen Jahr unter den absoluten Favoriten des Autors und am 23. September 2011 erschien das neue Album 'The Devil´s Walk'.

Als Vorgeschmack auf die Musik derer wir seit wenigen Tagen habhaft werden können, ist ein Film zu bestaunen. Kein Clip, keiner dieser zahllosen Teaser in denen geschmacklose Kunst für geschmacklose Zeitgenossen angepriesen wird. Hier handelt es sich um einen ästhetischen Beitrag zur Abendgestaltung. Bitte zurücklehnen, schauen und vor allem natürlich lauschen.

Doch es soll nicht nur dem Genuss gedient sein. Informationen sollen sein - in kurzen Interviewfetzen erklärt Sascha Ring natürlich das durchaus symbolträchtige Artwork des Covers, weshalb unter anderem die Romantik, sowie der Dichter Percy Bysshe Shelley für den Titel des Albums verantwortlich zeichnen dürfen, was ihn mit Mexiko verbindet und weshalb es diesmal ein also Band-Album wurde.

Letztlich kann man über den unten stehenden Verweis an das Werk gelangen. Das hat allerelei Vorteile, ist jedoch nur ein Weg von vielen. Ein anderer der anempfohlen sei, ist der Gang ins Plattengeschäft. Unbedingt sollte der einzuschlagenden Weg über einen Kaufvertrag führen. Honorieren wir diese großartige Arbeit!



medientipps:

10 Oktober 2011

film: We Are Visual / 20357

2035720357

we are visual (ger / 2011)
concept: Brent Dahl, Marc Einsiedel, ...
camera: Sebotage
skater: Michi v. Fintel, Nizan Kasper, ...

In direkter Nachbarschaft der russisch-orthodoxen Kirche des heiligen Johannes v. Kronstadt in Hamburg befindet sich seit 2009 das schöne 3D Graffiti '20357'. Aus der Vogelperspektive betrachtet, kann man im Werk von Heiko Zahlmann die Postleitzahl des Bezirks rund um das Karoviertel erkennen. Diese Form der Wiederbelebung des dortigen Platzes brachte jedoch nicht nur Milchschaum, Rotwein und dazugehöriges Klientel mit sich, sondern lud richtigerweise jeden ein. Eben auch Skater. Das Keinbürgertum mag Kunst ertragen, jedoch waren Skater dann doch zu viel des Guten und der Bezirk Mitte, welcher denn auch sonst, entschied sich mit gußeisernen 'Skatestoppern' dem 'Problem' Herr zu werden. Ohne Absprache des Künstlers, der wiederum erfolgreich protestierte. Die Stopper verschwanden. Das Kunstwerk wurde wieder hergestellt, aber der Boden um '20357' ist nun geriffelt. Einen besseren 'Skatestopper' gibt es nicht.

Im folgenden Video dokumentieren die Herrschaften des großartigen Künstlerkollektivs 'we are visual' kurz .wav, wie man Abhilfe schaffen kann. Man nehme mobile Rampen, lege sie über den unbefahrbaren Boden, fixiere sie mit Schrauben und nutze das Skateboard. Seht selbst und verpasst nicht zu sehen, wie sich innert kürzester Zeit Besuch anmeldet. Unerwünschter Besuch.

Übrigens, es ist wahr, dass dieses Geklicker und Geklacker von Skateboards nervtötend sein kann und es ist richtig, dass Menschen die sich freuen durchaus auch lauter werden. Das ansässige Kleinbürgertum wollte keine mehrspurigen Straßen vor der Haustür mehr. Die gibt es inzwischen nicht mehr.

Häufig will dieses Klientel auch keine Kindergärten in der Nachbarschaft, keine Obdachlosen unter Brücken und eben auch keine Skater in Hörweite. Vielleicht sollte man ... ja. Wir sollten wirklich!

28 September 2011

media: The Vigilant Citizen

vigilantcitizenTHE VIGILANT CITIZEN
web. vigilantcitizen.com
founder. ask vigilant
since. 2008
location. kanada

'Glaubt mir das! Später werde ich die Weltherrschaft an mich reißen.', rief er uns von der Bühne zu, schnappte sich sein Abschlusszeugnis, stürmte aus der Aula und ward nicht mehr gesehen. Das ist knappe acht Jahre her. Gestern war er wieder da und hat mir die Welt erklärt. Ich saß vor einem der unzähligen Cafés im Univiertel und verdaute gerade die letzten Seiten des Buches 'Radikal' von Jon Ronson, als er sich vor mir in einen Stuhl fallen ließ. Er sah ein bisschen aus wie John Lennon in den frühen Siebziger, kniff die Augen zusammen, als hätte er starke Schmerzen und seine auffällig langen Fingernägel fielen mir gleich auf. Mit diesen tippte er nämlich gut hörbar auf den nunmehr zwischen uns auf dem Tisch liegenden Einband, legte die Stirn in Falten und fragte mich unumwunden, ob ich wüsste, dass Ronson auch einer von denen sei. Von denen! Ohne eine Antwort abzuwarten legte er los: Illuminaten, shapeshiftende Reptilienmenschen, MK ULTRA, Bilderberger, Freimaurer, Propaganda Due, Bohemian Grove und Jay-Z.

 
Alles mischte sich, alles verschwamm. Kein Räuspern, kein eingeworfenes Wort, keine Geste konnte ihn stoppen. Überwältigt von dieser fast inszeniert wirkenden Begegnung und dem sich mir bietenden Schauspiel bekam ich auch noch einen nervösen Schluckauf, den ich minutenlang zu unterdrücken versuchte. 'Jay-Z??' Meine Nachfrage muss refluxbedingt unfreiwillig hysterisch oder alarmierend geklungen haben. Jedenfalls war die Brandrede plötzlich unterbrochen. Er senkte den Kopf, stieß mich unter dem Tisch an und versuchte mir bemüht unauffällig einen Zettel zu reichen. Ich spielte mit, tat geheimnisvoll und ließ den Zettel gleich unter einer Serviette verschwinden. Ohne ein weiteres Wort zu sagen stand er auf und ging. So saß ich noch einen Augenblick da, wartete auf eine überraschende Erklärung für diese surreale Begegnung und warf dann endlich einen Blick auf das ominöse Stück Papier. Eine mehrmals gefaltete Seite einer Bedienungsanleitung für eine Wetterstation also, und auf ihr hatte er nur eine Internetadresse notiert. Ich zahlte und machte mich auf den Heimweg. Erst später am Abend schnappte ich mir den Laptop, setzte mich auf den Balkon und las mich in die Seite, die er mir da offenbart hatte, ein.

The Vigilant Citizen ist das Netzprojekt eines im Osten Kanadas lebenden Mitzwanzigers mit libanesischen Wurzeln. Das Konfuzius zugeschriebene Zitat 'Signs and Symbols rule the World, not Words nor Laws.' steht über allem. Sein Weltbild fußt offensichtlich auf einer sogenannten Zentralsteuerungshypothese, was bedeutet, dass er davon ausgeht, dass irgendwie, irgendwo im Verborgenen eine fast schon übermenschliche Elite die Geschicke der Welt lenkt.

Auf vigilantcitizen.com geht es dem Autor sowohl darum das angenommene 'wie', als auch das 'wer' zu analysieren bzw. zu identifizieren. Es finden sich durchaus spannende Beiträge zu okkulter Symbolik in Massenmedien und Popkultur, zu vermeintlich versteckten Botschaften in Architektur und Stadtplanung, sowie zur Steuerung des Unterbewussten durch gezielte Gedankenkontrolle. Und genau da finde ich auch Jay-Z wieder, dessen Musikvideo zu 'On To The Next One' mit viel Akribie als okkultes Machwerk entlarvt wird. So demonstrieren Künstler dann wohl ihre Zugehörigkeit zum elitären Zirkel. Vieles wirft Fragen auf, manchmal führt das zu langen eigenen Recherchen, wie der spannende Artikel zum Denver Airport - tatsächlich ein unwahrscheinlich unheimlicher Ort, wenn man ihn mit offenen Augen durchschreitet.

Mit Sicherheit eine abgedrehte Website. Mit gesunder Distanz und kritischem Denken jedoch ein virtuelles Erlebnis für sich. Fest steht jedenfalls, dass diese Seite ums vielfache spannender und lesenswerter ist als jeder der trivialen Romane von Dan Brown. Nur wenn man nicht aufpasst irrt man irgendwann eben als eine, die ultimative Wahrheit predigende John Lennon-Kopie durch sonnige Großstädte und vergisst, dass Obsession und Wahrheit nicht zusammen funktionieren.

23 September 2011

buch: Raouf Khanfir / Wittgenstein

cover raouf khanfir wittgensteinRaouf Khanfir / Wittgenstein
Roman
EAN 9783941978072 / 152 Seiten
Hablizl (2011) / 16,90 Euro

There are some people who can swallow their fear ...

Dieses Buch ist augenscheinlich eine der guten Neuerscheinungen in diesem Jahr. Augenscheinlich, weil die Buchgestaltung schon hervorragend ist. Verantwortlich für diese Arbeit zeichnet niemand Geringeres als der Grafiker Mario Lombardo und sein BUREAU LOMBARDO. Verlegt wird das Buch im unabhängigen HABLIZEL Verlag, dessen sowieso ausgewähltes Programm an dieser Stelle nicht verschwiegen werden sollte. Also eine augenscheinlich gute Neuerscheinung - und wie sieht es mit dem Inhalt, dem essentiellsten Teil eines Buches, aus? Kurzum, auch hier kann ein sehr gutes Urteil gefällt werden: Raouf Khanfir ist ein wirklich lesenswertes Debüt gelungen!

Widmen wir uns der Geschichte. Marco H. besitzt nicht viel. Er bewohnt ein möbiliertes Zimmer im kanadischen Montréal und kann seinen weltlichen Besitz in zwei Koffern unterbringen. Sein Leben gestaltet sich recht ungezwungen, ja nahezu hedonistisch könnte man sagen. Konzertbesuche, lange Abende auf seiner Holzterasse zur Ruelle und jeden Morgen die Warterei vor dem gemeinsamen Badezimmer der Hausgemeinschaft.

Eines morgens ereilt Marco H. eine gute Nachricht. Behördenpost aus Bad Berleburg in Deutschland verkündet, dass er ein Haus geerbt habe. Er beschließt Montréal zu Gunsten der südwestfälischen Provinzu verlassen. Eine streibare Entscheidung. Bei seiner Ankunft in Wittgenstein, hier also nun erkennen wir, dass der Namensgeber des Buches keineswegs der große, gleichnamige Philosoph ist, tritt ihm das ungewöhnliche Begrüßungskommitee gegenüber. Ein etwa zehnjähriges Mädchen tritt aus dem Halbschatten der Bahnhofshalle, tritt zaghaft vor, piepst ein Willkommen und verschwindet ebenso schnell, wie sie auftauchte.

Fortan, so könnte man sagen, geht einiges nicht mehr mit rechten Dingen zu. Das Haus der Grosstante scheint vom Geist eben jener Dame bewohnt zu werden. Zwar findet Marco H. einen Job als Telefonist beim örtlichen Taxiunternehmen und sogar eine neue Freundin, doch ist da auch noch ein alter Nachbar aus Kanada, der alles über ihn zu wissen scheint und letztlich sterben Menschen. An den Landstraßen liegen sie. Ohne Gesichter. Für immer aus dem Dasein gestrichen.

Hier darf geschlossen werden. Nur eins sei noch gesagt: Wittgenstein ist ein zweistimmiger Roman. Und obwohl es dem aufmerksamen Leser nicht schwer fallen wird, die zweite Stimme rasch zu zuordnen, verliert dieses Buch keinesfalls an Spannung. Präzise formuliert es der Klappentext: 'Existenzialistischer Krimi. Mysteriöse Geistergeschichte. Wie ein sanfter, dennoch beunruhigender Albtraum während eines zu lang geratenen Mittagsschläfchens'. Lesen Sie dieses Buch, werte Herrschaften!

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01 September 2011

buch: Viktor Pelewin / Buddhas kleiner Finger

cover viktor pelewin buddhas kleiner fingerViktor Pelewin / Buddhas kleiner Finger
Roman
aus dem Russischen von Andreas Tretner
EAN 9783630621593 / 432 Seiten
Sammlung Luchterhand (1999) / 10,00 Euro

Literatur vom Abhanden- und Ankommen im Nirgendwo

Viktor Pelewin gilt als einer der begnadetesten, zeitgenössischen Schriftsteller Russland und kann auf eine riesige Fangemeinde zählen. Trotzdem tritt er, obwohl doch wohnhaft in Moskau, in seiner Heimat nicht öffentlich auf. Das bedeutet keine Lesungen, keine Interviews, jedoch aber eine stete Präsenz im Internet. Kein Wunder, denn auch als das hier anempfohlene Buch Buddhas kleiner Finger für den russischen Booker Preis vorgeschlagen wurde, hat die Jury befunden, dass dieser Mann eine Gefahr für das kulturelle Gedächtnis Russlands darstellt. Pelewin ging damals natürlich leer aus. 2001 erhielt der brilliante Andreas Tretner für die deutsche Übersetzung den Paul-Celan-Preis - doch Auszeichnungen hin oder her, denn hat dieser Schriftsteller sie wirklich nötig?

Russland 1919 - Pjotr Pustota ist ein junger Dichter aus St. Petersburg. Nun muss noch gestattet sein, dass an dieser Stelle der Name Pustota zu übersetzen ist: auf Deutsch bedeutet er so viel wie 'Leere'. Der junge Mann also dichtet und wird in den aufgeregten Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche von den falschen Menschen missverstanden. Ihm bleibt nur die Flucht nach Moskau, wo er sich, gerade erst angekommen, in seinem alten Freund Grigori von Ernen empfindlich täuscht und diesen erwürgt. Ein Zwischenfall der ihm unfreiwillig zu einer neuen Identität und später zur Bekanntschaft mit Wassili Iwanowitsch Tschapajew verhilft.

Tschapajew mag der russiophilen Leserschaft möglicherweise aus dreierlei Gründen bekannt sein: Als legendärer Kommandeur der Roten Armee, als Hauptfigur sowohl im gleichnamigen russischen Filmklassiker, als auch in unzähligen Witzen. Viktor Pelewin erhebt diesen Mann jedoch auch zu einem mysteriösen, unnahbaren buddhistischen Meister. Ihn und Pustota werden Gespräche, in von Alkohol und Papirossa Qualm geschwängerter Luft, in höchste Höhen schwingen. Im Kampf zwischen Roten und Weißen bringt es der ehemalige Dichter und Querulant zum Politkommisar des Kommadeurs. Bis sich alles in Leere auflöst ...

Pelewins Kunstgriff ist die Auflösung einer zeitlichen Kontinuität. Als Leser finden wir uns plötzlich im Moskau der Gegenwart wieder. Genauer in der Nervenklinik des fragwürdigen Professors Kanaschnikow. Ja, Kanaschnikow. Unserem vermeintlichen Dichter wird eine astreine Pseudopersönlichkeitsstörung zugeschrieben. Bei heilästhetischen Praktika und absurden Gruppengesprächen lernen wir einige sogenannte 'neue Russen' kennen. Menschen wie den jungen Maria, dessen phallische Fantasien unter anderem eng mit Arnold Schwarzenegger verknüpft sind.

Wo führt das alles hin? Buddhas kleiner Finger ist kein einfaches Hin und Her zwischen zwei absurd-fantastischen Schauplätzen und kein schlichtes Sittengemälde einer Nation, deren kulturelles Gedächtnis schon seit vielen Jahrzehnten empfindlich angeschlagen ist. Weder spinnt Pelewin ausschließlich, noch spiegelt er nüchtern. Die Stärke dieses Romans liegt in seiner literarischen Tiefe, einer unwahrscheinlichen Komik und der bittersüßen Tragik jeder Figur. Mit voller Inbrunst kann man Hellmuth Karasek zitieren, wenn dieser anmerkt, dass es Kapitel gebe, die 'zum Grandiosesten gehören' was er seit langer Zeit gelesen habe.

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25 August 2011

film: 9/11: THE FALLING MAN

falling man9/11: THE FALLING MAN
Darlow Smithson Productions (uk / 2006)
regie: Henry Singer
story: Tom Junod
dauer: 1:11:27

Ein Augenblick im Leben eines Menschen, an einem denkwürdigen Tag

Nebenstehendes Motiv entstand am elften September 2001 in New York City. Um 9:41:15 betätigte der Fotograf Richard Drew den Auslöser seiner Kamera. The Falling Man ist nur eines von tausenden Motiven dieses Tages. Es zeigt keinen Überlebenden, keinen Helden und keine Explosionen. Es zeigt nur eine Person die fällt. Auf faszinierende Art bannt das Foto den Betrachter, strahlt eine unerklärliche Ruhe aus. Vielleicht passte diese Darstellung des 11.September nicht in den common sense dieser Tage, jedenfalls verschwand Richard Drews Aufnahme innert weniger Stunden wieder von der Bildfläche der internationalen Berichterstattung.

Mit der Dokumentation 9/11: The Falling Man versuchte Henry Singer nicht nur auf die Spur der Identität des fallenden Mannes zu kommen, viel mehr stellt er das Schicksal von über zweihundert Menschen in den Mittelpunkt des Films. Sie alle haben in den letzten Minuten ihres Lebens eine Entscheidung getroffen - sie sprangen in den Tod. Waren es Selbstmörder? Was sehen wir wirklich, wenn wir diese Menschen betrachten? Wieder ist es die Macht der Bilder, die eine Frage in uns aufwirft.

2007 wurde Henry Singer bei den New York Festivals für diese siebzig Minuten mit der Gold Medaille ausgezeichnet. Nehmt euch die Zeit, denn es lohnt sich!

23 August 2011

media: Wahre Worte Weiser Wirte

wahre worte weiser wirteWahre Worte Weiser Wirte
web. wahre-worte-weiser-wirte.de
heads. mkk werbeagentur
since. 2010
location. hamburg

Viel zu viele Menschen bleiben in viel zu einsamen Wohnzimmern vor den Fernsehgeräten hängen und viel zu oft reduziert sich das gesellige Beisammensein auf zielorientiertes Socialising. Die Renaissance der Kneipen und Bars, Tavernen und Schankwirtschaften wäre zu begrüßen. So erklärt sich auch meine Ansicht, dass das Sprichwort 'Wer nichts wird, wird Wirt' gepflegt in die Tonne getreten werden kann. Der Wirt soll gefeiert werden, denn sein Wirken, so er natürlich kein völliger Hanswurst ist, verspricht weitaus mehr, als nur Schnaps und Zigarettenqualm - es bringt Menschen zusammen.

Der selben Ansicht sind auch die Macher von wahre-worte-weiser-wirte.de. Sie erklären Wirte zu multiplen Persönlichkeiten und bemerken all die Anforderungen, die an sie gestellt werden - von der Gesellschaft, von uns, den Gästen. D'accord. Bemerkt habe ich das Projekt im gutsortierten Buchladen. Der feine rote Einband mit den wahren Worten weiser Wirte aus Hamburg ist im September 2010 beim Junius Verlag erschienen. Ein wirklich schönes Buch.

Für die Umsetzung der gleichnamigen Website ist die Hamburger Werbeagentur MKK zuständig gewesen. Hier finden sich Portraits diverser Persönlichkeiten aus der Gastronomie in Wort und Bild. Herausragend sind all die unterschiedlichen Videos, zum verschicken, verweilen, lachen und letztlich zum feiern, denn da kommt noch was.

Die über 60 Stunden Material aus O-Tönen landen peu à peu im Netz und im Spätherbst wird dann eine Premiere gefeiert. Eine exklusive und auf 99 Exemplare DVD soll pünktlich zu Weihnachten über den Shop erhältlich sein. Alle bis dato veröffentlichten Kneipenführer für Hamburg scheinen mit einem Mal völlig überflüssig. Nun, ehrlicherweise waren sie das ja schon immer.

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22 August 2011

buch: Constantin Göttfert / Satus Katze

cover constantin göttfert satus katzeConstantin Göttfert / Satus Katze
Roman
EAN 9783406621642 / 139 Seiten
C.H. Beck (2011) / 17,95 Euro

Die Toten wollen wir nicht.

Constantin Göttferts Debütroman könnte durchaus verfilmt werden - und zwar, so schwebt es mir jedenfalls vor, von Herrn Lars von Trier. Düstere, unheimliche Bilder zeichnen die vielschichtige Geschichte von 'Satus Katze' und den Erlebnissen eines jungen Stipendanten aus. Dieser sitzt in einem Wiener Café, kürzlich erst aus finnischen Großstadt Oulu zurückgekehrt, und muss feststellen, dass er nicht über den erwarteten Abschlussbericht zu seiner Stipendienzeit verfügt. Er müsste schreiben. Nur worüber? Wir werden es erfahren und verstehen, weshalb sich dieses Unterfangen nicht sonderlich leicht gestaltet.

Doch kehren wir nach Wien zurück. Hier sitzt an einem der Nachbartische, des eingangs bereits erwähnten Cafés, die junge Schauspielerin Nora. Sie telefoniert und zieht mit den gesprochenen Worten die Aufmerksamkeit unseres Protagonisten auf sich. Es geht um Finnland, es geht um eine Katze. Man wird ins Gespräch kommen. 'Ich starrte auf die Katze auf dem Plakat des Theaters gegenüber und hatte Angst. Bitte, lass mich erzählen, sagte ich.'

So verschlägt es uns in die sechstgrößte Stadt Finnlands, einen Ort an dem die Bewohner im Winter keinen Sonnenstrahl zu Gesicht bekommen und Alkohol eine ihrer größten Geißeln ist. Hier ist er nun also. In Oulu. Der Stipendant aus Österreich. Bald fischt er eine Plastiktüte aus einer, im verschneiten Innenhof stehenden, Mülltonne. In ihr zwei Katzen, nicht größer als seine Hand. Eine lebt, eine ist bereits tot und letztere will er nicht. Um sie vom Kadaver unterscheiden zu können, braucht die lebende Katze einen Namen. Einen finnischen Namen, denn es ist eine finnische Katze: Louhi.

Machen wir einen erneuten Schnitt. Gemeinsam mit der Literaturprofessorin Dr. Karjalainen wird der Erzähler einen Ausflug auf eine einsame Insel machen. Er wird im Manuskript des jungen Schriftstellers Satu Keinänen lesen und rasch feststellen, wie eng die erst fikitiv anmutendene Geschichte, mit seiner Realität verknüpft ist. Einer Realität die sich immer verworrener, immer mysteriöser gestaltet.

Was jedoch hat Nora, die junge Schauspielerin aus Wien, mit den Geschehnissen im hohen Norden zu tun? Warum ritzt man die Initialen von Toten in die Rinde eines Baumes? Ein seltsames Band verbindet alle Charaktere in 'Satus Katze'. Vielleicht die große, schwarze Katze der finnischen Mythologie, vielleicht jedoch auch der große menschliche Konflikt zwischen Eros und Thanatos. Vieles kann man aus Constantin Göttferts Debüt herauslesen. In jedem Fall ist ihm jedoch ein vielschichtiger Roman gelungen, der bis zum Schluss spannend, magisch und recht unheimlich ist.

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26 Juni 2011

szene: Alexander Rodtschenko

alexander rodtschenko revolution der fotografieALEXANDER RODTSCHENKO
REVOLUTION DER FOTOGRAFIE


zeitraum: 28.05.2011 - 14.08.2011
location: fotomuseum winterthur,
grüzenstrasse 44 - 45, ch-8400 winterthur (zürich)

kosten: fr. 8.-
details: fotomuseum.ch

Schon vor geraumer Zeit erhielt ich einen Umschlag mit lauter schönen Informationen über die kommenden Ausstellungen im Fotomuseum Winterthur. Ich öffnete ihn, las rauchenderweise durch was mir mitzuteilen war und beschloss, dass eine Reise in die schöne Schweiz unausweichlich schien. Überhaupt darf dieses Land als zwingende Alternative zum argentinischen Exil betrachtet werden, wenn die Zeit gekommen ist. Nun jedoch ging es um keine Entscheidung von solcher Tragweite und auch nicht um die angekündigte Ausstellung des chinesischen Künstlers Ai Weiwei, sondern um jene des großen russischen Konstruktivisten Alexander Rodtschenko.

Als er 1924 beschloss sich der Fotografie zu widmen, war er bereits als Maler, Bildhauer und Grafiker bekannt. Unter dem Ausruf 'Experimentieren ist unsere Pflicht' legte er den Grundstein für eine neue Rolle des Fotografen in der Fotografie. Weg von der ausschließlichen Abbildung dessen was wir als real ansehen und hin zur visuellen Darstellung dessen was wir Denken. Der Künstler als 'Künstler-Ingenieur', wie es die Herrschaften des Fotomuseums Winterthur in ihrem Pressetext schreiben.

Alexander Rodtschenkos Werk ist alles andere als Konstant. Die Veränderungen prägen sein Wirken und Denken. Es sind nicht nur seine großartigen Motive die mich beeindrucken, sondern auch die gelungene Kombination dieser mit seinen Texten. Zweifelsohne inspiriert diese Ausstellung und man kommt nicht umher sind eingehend mit Rodtschenko auseinanderzusetzen. So stieß ich dann auch auf eine Reihe seiner gestalterischen Arbeiten, wie jene die in Zusammenarbeit mit Wladimir Majakowski entstanden. Zum Beispiel einige Werbetexte und Bilder die sich auf das für den Betrachter Wesentliche beschränken. So mag man es, so gefällt es uns.

Für visuelle Inspirationen sei ein Besuch der Website fotomuseum.ch anempfohlen. Desweiteren naht die große Reisezeit. Ersparen Sie sich unspektakuläre Trips in Länder die an der Schwelle zum Staatsbankrott stehen. Besuchen Sie die Schweiz und erleben Sie eine großartige und vom Moscow House of Photography Museum organisierte Ausstellung.

medientipps:

11 Juni 2011

film: Generation OS13

generation os13GENERATION OS13
THE NEW RESISTANCE CULTURE
- (uk / 2011)
director: Michael Oswald
producer: John-Paul Pryor
camera: Michael Oswald
researcher: Michael Horwarth
music: Various

Ein irgendwie verrücktes Jahr geht bald in die zweite Halbzeit. Dem sogenannten 'arabischen Frühling' wird in unseren Breiten wieder weniger Aufmerksamkeit geschenkt - und mit dem Umstand, dass ein Eingreifen der NATO im lybischen Konflikt doch nicht nur von kurzer Dauer sein wird, haben sich die meisten Menschen auch arrangiert. Über die gegenwärtigen Zustände in Spanien haben die Massenmedien erst mit einiger Verzögerung begonnen zu berichten. Da hat es kräftig geknallt. Und jetzt? Alles wieder vorbei? Obwohl doch keine Handynetze in Madrid abgestellt werden und die unabhängige Berichterstattung nicht eingeschränkt wird, erobert die populäre Protestbewegung in Spanien selten die hiesigen Schlagzeilen. Woran liegt das? Übrigens wurde doch vor ein paar Wochen der Tod des 'Terrorfürsten' Osama Bin Laden verkündet - wie steht es eigentlich um die Menschen, die im Rahmen der Operation festgenommen wurden? Und die ganzen beschlagnahmten Informationen? Hakt da niemand mehr nach? Gibt es da keine journalistische Verantwortung zu erfüllen? Wer setzt die Prioritäten?

Machen wir nach diesen zwingenden Fragen einen Schnitt, jedoch nicht ohne ausdrücklich festzuhalten, dass es um die Unabhängigkeit der Medien in unserer eigentlich freien Informationsgesellschaft eher bescheiden steht. Der geschützte und unabhängiger Austausch von Informationen und ungefilterte Verbreitung sind so wichtig wie eh und je. Deshalb ist Datenjournalismus so wichtig, wobei gleich anzumerken sei, dass Julian Assange keineswegs der Messias und die Plattform Wikileaks lediglich ein ganz besonders gutes Exempel für das Potential von Datenjournalismus ist. Es gibt viele mehr und es werden mehr werden. Das globale Kollektiv Anonymous hingegen hat weitaus mehr Sprengkraft. Erstmals als ein rein virtuelles Phänomen in Erscheinung getreten, wird Anonymous heute auch in der ganz realen Protestbewegung sichtbar und scheint mehr und mehr dem Schatten von Nerds und Netzkultur herauszutreten.

In Michael Oswalds Dokumentation Generation OS13 - The New Resistance Culture wird diese Entwicklung sehr deutlich. Erste Szene: Vor der Kamera eine Person, getarnt mit der typischen V for Vendetta - Maske und aus dem Off erklingt eine computergenerierte Stimme, die ein deutliches Statement abgibt. Der Rahmen ist gesetzt und in den folgenden dreissig Minuten führt uns der Film schonungslos vor Augen wie die Beschneidung unserer individuellen Freiheiten, und die damit einhergehende Repression, eng mit dem Bestreben der Finanzwirtschaft, und vieler Staatslenker, verknüpft ist das gegenwärtige monetäre System zu erhalten. Doch mit welchen Mitteln? Ein Finanzsystem in dem die Worte Gerechtigkeit und Gemeinwohl nur noch Worthülse, eine sinnfreie Aneinanderreihung von Silben, sind. Die Mischung aus O-Tönen, eingebetteten Videos und schnellen Schnitten ist gelungen und will natürlich Stimmung machen.

Hat man doch alles schon gesehen und gehört, weiß man doch und ändert so ein Film auch nichts dran? Das könnte ein Teil der geneigten Leserschaft nun anmerken. Ja, das mag sein und doch ist da mehr. Die mit einfachen Mitteln fein dargestellte Verknüpfung von Kunst, Kultur und Protestkultur ist gelungen. Die Arbeit von Oswald und Pryor hat sich gelohnt. Und eben auch deshalb, weil Sie sehr gute Menschen einen Rahmen bieten und sie ungefiltert zu Wort kommen lassen. Neben Interviews mit den Musikern Anika, Billy Childish, Gaggle und Saul Williams kommt auch der Autor und Journalist Nicholas Shaxson (Schatzinseln: Wie Steueroasen die Demokratie untergraben") zu Wort.

15 Mai 2011

film: Good Day Today

good day todayGOOD DAY TODAY
- (fr / 2011)
director: Arnold de Parscau
camera: Martin Keruzoré, Pierre Bourras
cinematograph: J. Bertin, Antoine Bon
music: David Lynch

Es war zu erwarten, dass sich das Universalgenie David Lynch dieses Jahr bezüglich der erfolgreichen Umsetzung eines Projekts zu Wort melden wird. Am 26. Mai 2011, so berichtete das FACT magazine [*] dieser Tage, wird Lynch sich per Skype auf der IMS:2011 zu seinem endlich vollendeten Musikalbum äußern. Das ist fantastisch. Einen Vorgeschmack auf seine großartige elektronische Musik hat man mit der Single 'Good Day Today' bereits letztes Jahr erfahren und so darf man gespannt sein, was er uns nun Ende Mai offenbaren wird, wenn er live aus seinem Studio in Los Angeles zugeschaltet sein wird. Termin also zwingend vormerken.

Bis dahin soll an dieser Stelle auf das sensationelle Musikvideo hingewiesen werden, das der französische Student Arnold de Parscau im Rahmen einer Video Competition zu Lynchs eben erwähnter Single auf die Beine gestellt hat. Die albtraumhafte Komposition aus Bild und Ton ist vielfältig interpretierbar. Mag es um die Abwesenheit von Unschuld oder die Dekonstruktion der Familie gehen, so bleibt stets festzustellen, dass dieser musikalische Kurzfilm sehr genial ist.

Auf gooddaytoday.info [*] gibt es für interessierte Hörerinnen und Hörer übrigens noch einen Boys Noize Remix zum kostenfreien Download. Es wird allumfassende Zufriedenheit gewünscht.

22 April 2011

film: Is this right?

unicef is this right?IS THIS RIGHT?
RSA Films (uk / 2009)
director: Adrian Moat
agency: AMV
producer: Carol Powell
music: Radiohead

Es ist endlich schön warm draußen. Wir sitzen am Wasser in der Sonne, weil wir frei haben. Wir lesen in Büchern und trinken Kaffee aus mitgebrachten Tassen. Einer nickt ein, eine lackiert sich die Nägel in erdbeerroter Farbe. Wir sind sicher. Es ist wieder Sommer geworden und wir haben es gut. Wir ... und die anderen?

Der Filmemacher Adrian Moat war bereits 2009 im Rahmen eines UNICEF - Projekts in Bangladesch, Kambodscha und Uganda unterwegs. Es sollen nicht viele Worte über das verloren werden, was dabei entstanden ist. Zu eindrücklich sind die Bilder, eine zu deutliche Sprache sprechen die Gesichtsausdrücke all 'der anderen' Menschen, die nicht mit uns eine gute Zeit haben. Dieser Kurzfilm ist Beweis dafür was jeden Tag auf diesem Planeten passiert. Er zeigt explizit was unter uns Gang und Gebe ist, denn am Ende gibt es keine erste, zweite und dritte, sondern nur eine einzige Welt.

Es ist nicht falsch glücklich zu sein, wenn unsere Freunde da und die Nächte lang sind. Wir brauchen nicht aufhören zu tanzen. Doch wir sind eben auch die priviligierten Individuuen hier und haben die Pflicht auf die Schlussfrage des Films eine klare, laute und durch Taten untermauerte Antwort zu geben. 'Is this right?' - 'Nein, ist es nicht!' Es ist doch allen bekannt: Allein mit einem reflektierten Konsumverhalten kann jeder von uns täglich einen direkten Einfluss auf den Gang der Geschichte nehmen. Menschen wir Adrian Moat sind es, die uns mit ihrem Wirken immer wieder daran erinnern, wie unfasslich wichtig das ist.

13 April 2011

szene: Chez Lenz

gottlob lenz kommt chez lenzGOTTLOB LENZ / CHEZ LENZ

opening: 28.04.2011, ab 18:00 uhr
location: chez lenz,
brandshofer deich 116, 20539 hamburg

kosten: kommt drauf an
details: chezlenz.de

Gottlob Lenz kommt! Endlich besucht unser alter Freund und Weggefährte seinen Heimathafen Hamburg wieder. Still war es nie um ihn, denn irgendwie bekam man stets von all den Abenteuern zu hören, die er als überzeuger Kosmopolit tagtäglich erlebte. Luftpost ade - ab dem 28.April läd er alle seine Freunde ein. Gemeinsam erleben, feiern und genießen wir dann für einen Monat mit ihm den Frühling und zwar in bester Atmosphäre und unter ganz magischen Bedingungen, denn er hat es wieder geschafft:

Wir sind überglücklich, denn am Brandshofer Deich öffnen sich Ende diesen Monats die Türen des Chez Lenz. Kurzerhand hat er die Räumlichkeiten des alten Stammsitzes der Binnenreederei seiner Familie umfunktioniert. Nun ist Platz für Gaumenschmaus, ein ausgewogenes Kulturprogramm aus Musik, Literatur und Schauspiel, sowie viele Umarmungen und gute Worte. Das ganze Spektakel ist von temporärer Natur, findet drinnen wie draußen statt und ist keineswegs zu sehr ab vom Schuss. Ob Auto, ÖPNV, mit dem Fahrrad oder Schritt für Schritt: die Oberhafencity ist keine Weltreise, denn davon nimmt unser Freund Gottlob Lenz aktuell auch bewusst eher Abstand.

Wer mehr erfahren will, der sollte sich der gerade freigeschalteten Website gottleblenz.de bedienen. Dort schreibt der Macher selbst, erklärt alles was erklärenswert ist, eröffnet euch Wege ebenfalls eingeladen zu werden, um mit ihm den Frühling zu zelebrieren und einen ersten Blick auf die Speisekarte könnt ihr auch schon werfen. Ansonsten treibt sich Gottlob neuerdings auch auf Facebook [*] und Twitter [*] und freut sich auf euch.

04 April 2011

buch: Tino Hanekamp / So was von da

cover tino hanekamp so was von daTino Hanekamp / So was von da
Roman
EAN 9783462042887 / 288 Seiten
Kiepenheuer & Witsch (2011) / 14,95 Euro

Krieg? Krebs? Kiezkalle? Beschissene Wörter. Dieser Roman? Fabelhaft.

Der einundreissigste Dezember und ein neues Jahr kündigt sich an. Oskar Wrobel hat allen Grund, dieser Tatsache eher verhalten entgegen zu sehen, denn es ist die letzte Nacht. Sein großartiger Musikclub, in dem er und das tobende Publikum der nüchternen Realität zu entfliehen im Stande waren, wird abgerissen. Folgerichtig ist Silvester nur der allseits laute Rahmen für das letzte große Spektakel am anderen Ende der Reeperbahn. Was bleibt sind Erinnerungen, Erfahrungen und ein verdammter Schuldenberg. Falls die ganze Sache nicht vorher noch ordentlich eskaliert und Gründe dafür gibt es genug.

Ein Ex-Lude, der seine Wohnung stürmt und unwirkliche Forderungen stellt, dürfte ebenso einer sein, wie sein bester Freund Rocky, der im Zenit seiner Karriere, aber auch am Rande des Wahnsinns steht. Doch erstmal muss der Club für den Leichenschmaus aufgemotzt und hergerichtet werden. Wechselstube, extrem viel Schnaps, das übliche Gemüse, rotes Obst für die MDMA-Bowle, Friedhofskerzen zwecks Fummellicht in den Bumsbuden, Eis und Blumen beim Kurden. Eine Liste, sowie ein enger Zeitplan, dessen Einhaltung durch den Auftritt des toten Elvis und der Innensenatorin zu einem schier unmöglichen Unterfangen zu werden scheint. Und letztlich ist da noch Mathilda. Mathilda, Mathilda, Mathilda - die große, die einzige, die wahre Liebe. Das Stigma, dass Oskar schon eine gefühlte Ewigkeit mit sich herumträgt, denn Mathilda scheint verloren.

Ein Held mit gebrochenem Herzen, dessen Wirkungsgrad über knapp dreihundert Seiten kaum größer ist, als die bescheidenen Hallen seines Clubs, der im Sterben liegt, ist Garant für den aktuell besten Roman aus Hamburg. Existenzielle Fragen mischen sich in 'So was von da' mit dem bitteren Geschmack von MDMA und zusammengebrochenen Gaderobestangen. Wenn Anselm, der von Seite zu Seite immer derangiertere Liftboy, die verehrte Biomasse im Fahrstuhl zum Schafott willkommen heißt, dann geht mir das Herz auf. Traurig schön ist dieser Roman und so unwahrscheinlich komisch und unterhaltsam, dass man ihn wie im Rausch nicht mehr aus der Hand legen will, bis die letzten Lichter ausgehen.

Verehrte Leserschaft, es handelt sich bei Tino Hanekamps Werk um ein zwingendes Buch. Lesen Sie es!

und nun die werbung:

22 März 2011

media: Svpply

svpplySVPPLY
web. svpply.com
heads. ben pieratt, eric jacobsen, zach klein
since. 2010
location. somerville, usa

Eigentlich war SVPPLY nur ein kleines Projekt für nebenher. Neben dem Broterwerb mit Grafik- und Designjobs entstanden 2009 die ersten Grundlagen für das Bookmarking- und Empfehlungsportal. Im Sommer 2010 dann der Launch. Mit ordentlich Risikokapital ausgestattet, hat sich die Website des Kreativtrios absolut etabliert. Man wächst, man sucht aktuell auch tatkräftige Unterstützung in Boston und New York. Ganz offensichtlich wird SVPPLY jetzt auch für die iPhone und iPad Community fit gemacht. Was läge bei dem Konzept auch näher?

Wer sich auf SVPPLY anmeldet kann sich seinen individuelle Store aufbauen. In Zeiten der überflüssigen Konsumgüter in vielen, unschönen Regalen und Auslagen, ist das ein Segen. Funktionieren tut alles nach dem inzwischen bewährten 'like' und 'follow' Prinzip. Der User sucht sich seine favorisierten Anbieter und Mitglieder auf SVPPLY aus und folgt ihnen. Folglich verändert sich die Auswahl der beworbenen Ware. Klare Filtermaßnahmen lassen den Überblick, so er doch mal verloren geht, rasch wiederherstellen. Es findet sich so gut wie alles: Kleidung, Accessoires, Medien, Interiors, Kram, Dinge, Plunder und alles von günstig bis exorbitant teuer. Ein konsumtechnisches Fest.

Natürlich wäre das alles nicht erwähnenswert, käme die Seite in einem verkommenen Design daher. Fehlanzeige. Clean ist sie. Schlicht und ergreifend, leicht zu bedienen und doch tief genug, um darin für geraume Zeit abzutauchen. SVPPLY sei der geneigten Leserschaft doch nachhaltig ans Herz gelegt.

07 März 2011

film: Out of Time

out of timeOUT OF TIME
Dvinsk Clan (lv / 2009)
editor: Andrew Dree
music: Various
cast: Oleg Vorslav and Dvinsk Clan

Atemberaubend. Faszinierend. Unterhaltsam. Komisch. Beeindruckend. Krass. Diese Adjektive kommen mir in den Sinn, wenn ich etwas über Out of Time sagen soll. Für vollständige Sätze ist kein Raum. Zu sehr wirkt die knappe Viertelstunde nach. Im Mittelpunkt des im September 2009 veröffentlichten Films steht Oleg Vorslav. Bereits 2006 hatte der aus Lettland stammende Free Runner mit dem Film 'Dvinsk Clan - Le Parkour' für Aufsehen gesorgt.

Als ich überlegte, ein paar dezidierte Worte über Free Running zu verlieren, musste ich schnell feststellen, was für eine durchdachte und interessante Philosophie hinter diesem Sport steckt. Schnell kann da was schiefgehen und so überlasse ich es der geneigten Leserschaft, sich per naheliegender Quelle [*] darüber zu bilden, was zum Beispiel der Unterschied zwischen Free Running und Parkour ist. Es lohnt sich.

Zurück zu Out of Time. Ein großer Teil des Film wurde in Lettland abgedreht, doch auch Locations in Portugal sind zu sehen, sowie der berühmte Manpower Gap im französischen Evry - möglicherweise einigen bekannt aus dem Film Banlieue 13. Neben dem Nervenkitzel sind einige unterhaltsame Szenen dabei. Rumalbernde, sympathische Menschen, die sich einer beeindruckenden Sportdisziplin widmen. Must see!



© photography. Andrew Dree / DREE85 [*]

27 Februar 2011

szene: Juli Gudehus. Das Lesikon.

das magazin das lesikonJULI GUDEHUS. DAS LESIKON

zeitraum: 04.03.2011, ab 20:00 - 23:00 uhr
location: das magazin,
teilfeld 8, 20459 hamburg

kosten: keine
details: art-lawyer.de

Ein Regalboden, der nur so strotzt vor Büchern voller sehr gutem Desig ist der Garant für den ein oder anderen Blickfang. Da sind jene Buchrücken die ganz besonders hervorstechen. Ein solcher ist ganz bestimmt der des Lesikons, dem neuen Werk von Juli Gudehus. Es ist eines mit fundamentalem Anspruch geworden mit seinen immerhin 3000 Seiten! Dazu ein durchaus klingender Titel: 'Das Lesikon der visuellen Kommunikation.' Und irgendwie, so schlicht und ergreifend, wie es daherkommt hat das Buch etwas wildes, es strotzt es doch vor Zettelage. Hier und da schielen Fundstücke hervor und verführen zum Entdecken. Wie gewohnt verlegt der Hermann Schmidt Verlag erneut ein Buch, das mehr als positiv auffällt. Eines das sich der Sprache der Gestalter, der Designer, der Kreativen widmet.

Inwiefern und weshalb sich das Lesikon dem klassischen Konzept der Lexika verweigert oder wie lange und mit wem Juli Gudehus an 9704 Einträgen gearbeitet hat, kann man in einer Präsentation erfahren, die gepaart mit einem Vortrag, einen schönen Abend verspricht. Möglich macht das nicht nur die Präsenz der Berliner Designerin, sondern auch das Revival von 'Das Magazin'. Die Pause ist vorbei und im Teilfeld 8 darf wieder in die Hände geklatscht werden. Vor Freude, Begeisterung und Enthusiasmus für diese gute Sache.

und nun die werbung:

21 Februar 2011

buch: Martin Maurer / Terror

cover martin maurer terrorMartin Maurer / Terror
Thriller
EAN 9783832196165 / 384 Seiten
Dumont (2011) / 19,95 Euro

Terror und Bedrohung als Staatsangelegenheit

Ein halb totgeprügelter Marokkaner stört den Familienurlaub, den Marc Burth mit seiner Frau und der gemeinsamen Tochter geplant hat, empfindlich. Der völlig verstörte Mann weigert sich vehement in ein Krankenhaus gebracht zu werden. Als er auch noch behauptet, dass es Polizisten waren, die ihn so zugerichtet haben, beginnt Burth neugierig zu werden und sich einzumischen. Ziemlich rasch muss der Kameramann feststellen, dass weit mehr hinter dem Übergriff steckt als nur gewöhnliche Polizeigewalt. Eine Verschwörung, die bis ans Ende des zweiten Weltkriegs heranreicht und bis heute nicht aufgearbeitet worden ist.

In Terror bedient sich Martin Maurer dreier Erzählstränge, die mit einer Rasanz aufeinander zusteuern, dass sich bei mir ein Effekt eingestellt hat, den ich sonst nur von guten Serien kenne: noch ein Kapitel, nur noch eins, nur noch eins und immer so weiter. Da ist Marc Burth, der mit Hilfe von Bekannten immer mehr über die NATO Geheimarmee und die Stay Behind Organisation GLADIO erfährt, da sind zwei Carabinieri, für die Lenzari vom beschaulichen Bergdorf zu einem einzigen riesigen Tatort wird, und letztlich gibt es die Dolmetscherin Clara, die sich mit einem Trauma konfrontiert sieht, das sie seit dem G8 Gipfel von Genua 2001 nicht loslässt.

Dieser Thriller ist zwar kein erzählerisches Glanzstück, aber mit Sicherheit eine der spannendsten und interessantesten Neuerscheinungen dieses Frühjahrs. Manches mal war mir, als ob der Plot wirklich arg konstruiert ist, doch Hand aufs Herz. Weglegen habe ich verwöhnter Leser dieses Buch kein einziges Mal gemocht. Schon mit dem Verweis des Autors auf die WDR-Dokumentation 'Die Gipfelstürmer' [*] oder auf die Ungereimtheiten bei den Ermittlungen zum Bombenanschlag auf das Münchner Oktoberfest 1980 hat er Grundlagen für eine so spannende Story gelegt, dass ich in den Bann gezogen war. Viele sollten dieses Buch lesen, denn es unterhält nicht nur, sondern öffnet vielleicht auch so manches Augenpaar für ein sehr düsteres Kapitel europäischer Geschichte, das bis in die heutige Zeit reicht.

und nun die werbung:

13 Februar 2011

buch: Frost 187 / 1 Life 2 Live

flyer frost 187 buch 1 life 2 liveFrost 187 / 1 Life 2 Live
187 Straßenbande
EAN - / 160 Seiten
Independent (2011) / 15,- Euro

Frost legt das fundamentale Buch zu Graffiti und Streetlife aus Hamburg vor.

Es hat ein wenig länger gedauert, als erwartet. Die Druckerei hat nicht exakt gearbeitet, das Weihnachtsgeschäft ging damit Flöten. Insgesamt wurden 1500 Exemplare gedruckt und eines davon liegt jetzt vor mir. Über mangelenden Absatz kann sich Frost 187 trotzdem nicht beklagen. Sein erstes Buch geht gut. Das Hiphop-Magazin Backspin bat ihn als Aboprämie 25 Exemplare zur Verfügung zu stellen. Ruckzuck waren die Prämien weg, die Abos abgeschlossen - sein Buch ist deutschlandweit gefragt. Man kennt seinen Namen.

Frost. Vor ungefähr zehn Jahren begann seine Karriere in Hamburg. Auf der einen Seite inspiriert durch die Szene der 80er in New York City, sowie die der 90er in Paris und durch einen einfachen, aber essentiellen Umstand: Die Wahrnehmung seiner Umwelt. Wer das Grau der urbanen Landschaft nicht nur hinnimmt, sondern wahrnimmt, der wird schnell zum Wunsch kommen, Farbe einzusetzen. So war es eben auch bei ihm.

Es sei die Berliner Mauer gewesen, die er erinnert. Sie war voller Farbe. Voller Graffiti. Dann wurde die Mauer eingerissen und die Freiheit war da. Graffiti auf Beton, als Türöffner zur Freiheit. Vielleicht erklärt diese Anekdote mehr, als nur die Liebe zu Aerosoldämpfen aus Sprühdosen eines Malers. Er, einer der Mitbegründer der 187 Straßenbande, die von Tag zu Tag immer im Musikbusiness Fuß fasst. Mehrere Alben, bald die dritte 187 DVD und begehrte Pullis und Shirts, sowie kürzlich eine Doppelseite in der Hamburger Morgenpost. Eins jedoch hat man sich bei den 187ers stets bewahrt: Die Unabhängigkeit. Keine Mauer, kein Käfig - immer das eigene Ding durchziehen und wenn nötig mit dem Kopf durch die Wand.

So versammelt '1 Life 2 Live' nicht nur Graffiti von Frost, sondern ist auch Support auf vielen Seiten auch seine Jungs. Das Buch hat Ghettoqualität und ist mehr als ein Bildband. Es wirkt wie ein Fotoalbum mit Gangfotos und Aufnahmen von Tätowierungen. Auf der einen Seite viel intimer als jeder andere bisher erschienene Titel, auf der anderen Seite auch noch kredibiler und rougher.

Zu haben ist das Buch bis jetzt nur in Hamburg bei DaSource [*], UnderPressure [*] und JustFitteds [*]. Bald so ist zu hoffen jedoch auch im Shop der 187ers [*]. Support it!

und nun die werbung:

08 Februar 2011

einwurf #31

shakespeare co parisdas ist unser einwurf #31
heute: ein wirkliches luxusproblem.

Auf Oscar Wilde soll das Zitat 'Man umgebe mich mit Luxus, auf alles Notwendige kann ich verzichten' zurückgehen. Schöne Einbände, vorzüglich gesetzte Texte, hübsche Illustrationen, kluge und komische Wortketten. Bücher in denen man sich verlieren oder wiederfinden kann. Diese besonderen Sätze die für immer bleiben oder jene die in ihrer Kurzweiligkeit so gleich verschwinden - ganz wie ein Traum eben noch erinnert, dann doch immer, immer mehr verblasst. All die Bücher, die mich umgeben sind ein wahrer Luxus. Ich will auf sie nicht verzichten. Sie sie sind mir lieb geworden. Ihrer werde ich nicht überdrüssig und wenn ich sie nur zu immer größeren Stapeln auftürme. So verzichte ich dann und wann auf einen längst notwendigen Hausputz, wandere lesend mit den Sonnenstrahlen durch mein Zimmer. Mit einem Wohnraum zur Südseite zu wohnen war mir wichtig. Doch notwendigerweise brauche ich für diesen meinen Luxus recht viel Zeit.

Die Zeit um diesen Luxus zu genießen, sie ist notwendig und auf diesen Umstand heruntergebrochen hat der werte Herr Wilde nun Unrecht. Ich mag von Luxus umgeben, keineswegs auf alles Notwendige verzichten. Nicht jedenfalls auf Lesezeit. Anders gedacht ist mir Zeit auch zum Luxusgut geworden. Ich habe zu wenig davon, um all die wunderbaren Bücher zu lesen, die ich zu lesen gedenke. Ein ausgewachsener Skandal. Was ist zu tun, um dem entgegenzuwirken? Diesem wirklichen Luxusproblem. Dieser Ausgeburt der Dekadenz. Ich werde darüber nachdenken und hiermit schließen. Jedoch nicht ohne auf eine ausgesprochene Rarität hinzuweisen, derer ich habhaft geworden bin.

All zu passend der Titel: 'Nackt in einem Märchenschloß voll wirklich schlechter Menschen'. In Zusammenarbeit mit dem Typhographen Martin Z. Schröder hat Max Goldt mit diesem Büchlein mir ganz wunderbare Minuten beschert. Auf einer alten Presse mehrfarbing in Bleisatz wurden lediglich 2010 Exemplare gedruckt. Jedes ist numeriert, eines fand seinen Weg zu mir. Eines wird noch an gewohnter Stelle feilgeboten. Geneigte Leser mögen dem Medientipp folgen. Alle anderen kaufen bitte das weisse Buch von Rafael Horzon.

medientipps:

31 Januar 2011

film: Way Back Home

way back homeWAY BACK HOME
Red Bull Media House (aut / 2010)
director: Dave Sowerby
camera: Mark Huskisson
music: Loch Lomond, The Jezabels
cast: Danny MacAskill

In knapp acht Minuten reisen wir mit Danny MacAskill von Edinburgh nach Skye. Auf zwei Rädern. Wir springen. Schweben. Gleiten. Der Kurzfilm 'Way Back Home' ist schon im November 2010 an den Start gegangen. Gestern nun verwies mich der großartige Malte Müller [*] bei Kaffee und Enthusiasmus der Tastatur und drückte auf Play. Ich war und bin begeistert. Merci beaucoup.

Danny MacAskill hat in eineinhalb Jahren den Sprung vom Selfmade-Video auf Youtube zum professionellen Kurzfilm gemacht. Es sollen sich andere in Hysterie über Sponsoring üben. Wer hier im Wechselspiel zwischen MacAskill und Redbull wem Flügel verleiht ist mir einerlei, denn die Bilder des Videos jedenfalls verliehen sie mir.

Die Zärtlichkeit und Geschmeidigkeit, mit der dieser Mann seine Stunts vollführt, ist einzigartig. Die halsbrecherischen Manöver lösen sich auf in absoluter Ästhetik. Natürlich leistet auch die Komposition aus Bild und Musik einen gehörigen Beitrag. Ich schreibe und das Video läuft im Hintergrund - allein des Soundtracks wegen und jedes Mal, wenn das Quietschen des Inspired Bikes durchklingt, muss ich schmunzeln. Schaut es euch an und genießt.

27 Januar 2011

szene: HAM.LIT 2011

ham.lit logoHAM.LIT - LANGE NACHT JUNGER LITERATUR UND MUSIK

zeitraum: 03.02.2011, ab 19:30 uhr
location: medienbunker,
feldstraße 66, 20359 hamburg

kosten: ak 16,- / vvk 12,-
details: hamlit.de

Das letzte Jahr bescherte den Machern von HAM.LIT einen fulminanten Erfolg. Uebel & Gefährlich und Terrace Hill waren voll, das Publikum begeistert und fest stand, dass es 2011 ein Wiedersehen bzw. Wiederhören geben würde. Am Donnerstag, den 03. Februar 2011 präsentiert HAM.LIT die Neuauflage - wieder erwartet das Publikum eine Melange aus junger deutschsprachiger Literatur und Musik in der dafür prädestinierten Location am Heiligengeistfeld in Hamburg, dem Medienbunker.

Insgesamt 15 Autorinnen und Autoren. Drei Bühnen. Drei Weltpremieren und ein Prosa-Set mit DJ. Zwei abschließende Konzerte. Im Ballsaal, Turmzimmer und Terrace Hill ist von 19:30 bis 22 Uhr der literarische Modus eingestellt und nach einer halbstündigen Pause ab 22:30 Uhr musizieren Nils Koppruch, sowie Nobelpenner.

Tickets für diesen empfehlenswerten Abend erhält man im KARTENHAUS in der Schanzenstraße 5, jetzt sofort via Ticketmaster [*] oder am 03. Februar an der Abendkasse.

21 Januar 2011

einwurf #30

foto prix pictet growthdas ist unser einwurf #30
heute: wachstumsschmerz.

In jungen Jahren, als wir vielleicht gerade mal so über die Tischkante gucken konnten, da hatten viele von uns diese ominösen Wachstumsschmerzen. Eine allgemein anerkannte Definition dieses Leidens gibt es nicht. Die Ursachen gelten als ungeklärt. Gemeinhin bekannt ist das Phänomen trotzdem und irgendwann ist es ja auch vorbei. Später sind es dann die Restless Legs, aber das ist jetzt ein anderes Thema. Wachstum kennt beim Menschen jedenfalls seine Grenzen - mindestens in der Vertikalen.

In der Horizontalen sagt sie, während sie Tomatenmark dem Plätzchenteig beimischt, geht es doch zweifellos immer weiter. Hier könne der Mensch seinen Größenwahn, der in der Vertikalen seine Grenzen gesetzt bekommt, im Städtebau ausleben. Es wird genickt und aufgeschrieben. Eine vorliegende Dokumentation mit dem Titel 'Empire St.Pauli - von Perlenketten und Platzverweisen' widmet sich, am Beispiel des überregional bekannten Viertels St.Pauli, diesem Thema. Übermäßiges Wachstum kann Schmerzen verursachen, kann dem Menschen und seiner Umwelt in hohem Maße schaden. Auf der Seite des kanalB kann die fünfundachtzig Minuten lange Dokumentation angeschaut werden. [*]

Sie sagen: 'Wir haben uns irgendwie die Sicht verbaut, // dort wo der Himmel war, da steht jetzt ein tiefgraues Haus.' Die Rede ist von Tua und Vasee, die mit ihrem formidablen Track 'Die Stadt' die gewisse Inspiration beigetragen haben, um beim Plätzchenbacken schnell noch den einwurf #30 zu verfassen. Vielleicht ist euch ihr audiovisuelles Werk auch Inspiration. Zu hoffen ist, dass verstanden wird, dass alles geht, so lange man das richtige Maß kennt und hält. Eine Faustregel - ebenso übertragbar auf freies Plätzchenbacken, wie auf Städtebau und den Umgang mit Mitmenschen, sowie Umwelt.



© growth - Prix Pictet 2010, to be published by teNeues in January 2011, www.teneues.com. © courtesy of The Prix Pictet Ltd.

14 Januar 2011

film: Death to Tinman

death to tinmanDEATH TO TINMAN
Court 13 (us / 2005)
director: Ray Tintori
cinematographer: Robert Leitzell
producer: Dan Janvey
camera: Colin Theys
music: Dan Romer, Benh Zeitlin
cast: Lee Pender, Jeff Delauter, Sophia Holman, ...
duration: 12min.

Bill und Jane lieben einander. Er jedoch bricht mit allen dörflichen Konventionen, trinkt und sündigt. Als begnadeter Feuerwehrmann zieht er den Neid seiner unfähigen Kollegen auf sich. Doch die Liebe Janes bleibt ihm sicher. Ein Fluch ist es letztlich, der ihn zwar sein sichtbares menschliches Antlitz verlieren lässt, doch sein Herz weiterschlagen lässt. Er leidet unter den fortan nicht mehr erwiderten Gefühle seiner einzigen Liebe und als sich letztlich eine herzlose Kopie, des alten Bill materialisiert, greift er zu den wildesten Mitteln, um ihre Zuneigung zurückzugewinnen.

Ray Tintoris sehenswerter Kurzfilm Death to Tinman ist eine Adaption der Erzählung 'Der Zaubrer von Oz'. 2007 feierte der Regisseur Premiere beim großartigen Sundance Film Festival und heimste enormes Lob ein. Zu recht, denn dieser Film hat alles: mächtig bewegende Bilder, wunderbare Dialoge, fantastische Musik und eine Story, deren Umsetzung einfach nur als gelungen bezeichnet werden kann und essentielle Fragen aufwirft.

Es gibt zweierlei Wege für euch in den Genuss dieses Filmes zu kommen. Auf youtube.com findet ihr sowohl Part 1 [*], als auch Part 2 [*] oder ihr besucht für einen Download die Seite der Schmiede für Independent Filme 'COURT 13' [*] und ladet ihn euch im .mov Format für den Quicktime Player herunter.

Anbei nun als Vorgeschmack der Trailer, vom letztjährigen Saatchi & Saatchi New Directors' Showcase 2010.

08 Januar 2011

media: Ctrl.Alt.Shift

https://i-am-artist-designer.com/CTRL.ALT.SHIFT
web. ctrlaltshift.co.uk
founder. katrin owusu
since. 2008
location. london

In den letzten Wochen waren Julian Assange, sowie die Enthüllungswebsite 'wikileaks' in aller Munde und es ist wohl selbstverständlich, dass ich Person wie Projekt für wichtig halte. Unser recht konfuses Zeitalter braucht Whistleblower mit Strahlkraft, doch auch den Nutznießer, der zu reflektieren im Stande ist. Dieses enorme Medienecho, das Rauschen im Blätterwald, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass 'wikileaks' keine Wahrheiten vertreibt, sondern Hinweise gibt. Whistleblower eben. Ähnlich geht es bei ctrl.alt.shift - das im Juni 2008 von Katrin Owusu ins Leben gerufene Projekt will die politische Landschaft aufmischen, will aktiv aufklären und anklagen. Anders als die Nerds und Geeks um Assange, kennen diese Männer und Frauen auch die direkte Aktion auf der Straße.

Im November 2008 organisierten sie große Demonstrationen in London vor den Botschaften von Russland, Süd Korea and Saudi Arabien, um auf die Einreiseverbote für Menschen die HIV positiv sind hinzuweisen. Ebenfalls viel Aufmerksamkeit bekamm ctrl.alt.shift 2008 für das aktive Engagement in Bezug auf über 50 Millionen Frauen, die in Indien als verschwunden gelten, weil sie das 'falsche' Geschlecht haben. Die Liste ließe sich noch weiterführen, aber ihr sollt selbst schauen.

Vorletztes Jahr initiierten die Macher einen Kurzfilmwettbewerb, aktuell kannst du dir das aktuelle, kostenlose Mixtape der 'The Disablists' runterladen und natürlich mitwirken. Viel Content auf der Website ist user-generiert, geprüft und wird täglich höchst stylish präsentiert. Projekte wie diese sind es, die nicht nur mit Inhalten, sondern auch Aufmachung punkten und damit zwingende Themen massentauglich und gerecht aufbereiten.

Übrigens ist 2009 das sehenswerte Comic Buch 'Ctrl.Alt.Shift Unmasks Corruption' erschienen. Namenhafte Zeichner wie Pat Mills waren beteiligt und aktuell ist es im Shop auf ctrlaltshift.co.uk zu bekommen - so ist dieses Buch ein tolles Exempel für das gesamte Projekt, denn in einem von der Realität losgelösten Raum entsteht etwas, dass hintergründig eine Veränderung der weltlichen Zustände unterstützen kann. Support!

03 Januar 2011

szene: gute aussichten 2010 / 2011

gute aussichten 2011GUTE AUSSICHTEN - JUNGE DEUTSCHE FOTOGRAFIE 2010 / 2011

zeitraum: 20.01.2011 - 27.02.2011
location: haus der photographie,
deichtorstraße 1-2, 20095 hamburg

details: guteaussichten.org

Das sind 'gute aussichten' für das neue Jahr und zwar ganz im Zeichen der Sieben - denn ebenso viele Juroren haben im siebten Jahr der Ausstellung, sieben Arbeiten prämiert. Aus 96 Einreichungen haben Gründerin Josefine Raab, Wibke von Bonin, Gregor Jansen, Mario Lombardo, Stefan Ostermeier, Thomas Ruff und der Kurator am Haus der Photographie Ingo Taubhorn eine nun also ausgezeichnete Selektion vorgenommen. Summa summarum heißt das für Besucher nun exakt 146 einzelne Motive, zwei DVDs, zwei Bücher, zwei Texttafeln, sowie ein Diaobjekt. Das alljährliche Engagement der Menschen hinter 'gute aussichten' macht diesen Wettbewerb samt Ausstellung zur Angelegenheit schlechthin für jeden dem Fotografie eine Passion ist.

Das großartige Spezial-Heft zu 'gute aussichten 2010/2011' ist übrigens bereits erschienen. Vielleicht wurde es von dem einen oder anderen Mitmenschen in 'Monopol' und 'sleek' bereits entdeckt. Alle anderen finden es kostenfrei in den Deichtorhallen. Für die zauberhafte Gestaltung war erneut der einzigartige Mario Lombardo mit seinem Team des Bureau Lombardo verantwortlich. Geneigte Leser können sich auch schon auf dem Bildschirm den ersten Einblick verschaffen - eine .pdf ist dann der Weg zum Ziel [*].

Darüberhinaus erscheint der diesjährige Ausstellungskatalog, zweisprachig auf Deutsch und Englisch, schon am 17. Januar - ihr solltet ihn besitzen wollen, ebenso wie ihr einmal, zweimal, nein - gleich siebenmal diese Ausstellung besuchen solltet. Los geht es wie schon erwähnt am 21. Januar und zwar ab 19 Uhr.

und nun die werbung: