27 September 2010

media: Flare

flareFLARE
web. flaremag.de
head. timo nowack
since. 2007
location. leipzig

Professionelle und selbsternannte Fotografen, beliebige und besondere Motive, fotospezifische Magazine und Websites gibt es wie Sand am Meer (weshalb nicht Wüste sagen?) - soweit, so klar.

Flare ist eins dieser Magazine, dass jedoch für meinen Geschmack besondere Erwähnung verdient hat. Kontinuierlich wählen Timo Nowack und Consorten für flaremag.de besonders schöne Bilder und erzählenswerte Stories aus, um sie mit uns Mitmenschen zu teilen. Der nicht-deutschsprachige Leser soll nicht enttäuscht werden, oder auf die eher suboptimalen Dienste von Google Translate zurückgreifen müssen - eine Auswahl der Artikel schnappt sich Rieke Havertz zur Übersetzung für flaremag.com ins Englische.

Für äußerst lesenswert halte ich übrigens, dass Interview mit dem Fotografen Richard Renaldi. Für sein Projekt 'Touching Strangers' hat er sich gänzlich fremde Menschen auf der Straße zusammen abgelichtet. Tolles Projekt, tolles Interview mit einer Auswahl der Gruppenporträts [*] und alles in allem eine tolle Seite.

24 September 2010

einwurf #21

(c) heiko waechterdas ist unser einwurf #21
heute: farbenlehre.

Ich habe den Herbst vermisst. Unsere Naivität mit der wir im Laub spielen und das regennasse Kopfsteinpflaster. Es ist nicht mehr zu warm und noch nicht zu kalt. Draußen sitzen geht - auf eine Zigarette zum Kaffee. Da am Straßenrand treffen wir uns. Wir mögen die bunten Farben auf dem grauen Beton, weil sie uns Geschichten erzählen. Sie sind ein urbanes Märchen, inmitten fester Strukturen, die uns durch die Jahreszeiten tragen.

In Anbetracht der babylonischen Sprachverwirrung unserer Zeit, ist das Schweigen ein Genuss geworden. Mit offenen Augen tanzen wir wortlos durch die Straßen. Die vormals freien Flächen unserer Stadt summen ein Lied in einer stummen Sprache. Bunt und schön.

Es ist Herbst geworden und wir können nicht in den geheizten Zimmern sitzen. Beschlagene Fensterscheiben sind ein Schleier vor unseren Gesichtern. Viele reden laut von dem was die Welt bewegt, doch sitzen still. So bewegt sich die Welt bald gar nicht mehr, alles ist monochrom und wir wandeln auf einer Grauskala.

Walter Benjamin schrieb von der 'Gabe des Lauschens' und vom Verschwinden der 'Gemeinschaft der Lauschenden'. Es gibt auch eine Gabe des Sehens und eine Gemeinschaft der Sehenden.

Der Herbst läutet keine graue Jahreszeit ein. Es gibt keine graue Jahreszeit.
Es gibt nur Menschen die ausschließlich das sehen können, was sich ihnen offensichtlich aufdrängt.



photography (c) heiko waechter [*]

21 September 2010

buch: Jon Ronson / Radikal

cover jon ronson radikalJon Ronson / Radikal
Abenteuer mit Extremisten
aus dem Amerikanischen von Martin Jaeggi
EAN 9783905801019 / 288 Seiten
Salis (2007) / 24,90 Euro

Jon Ronson zeigt, dass Wahnsinn und Wahrheit Zimmergenossen sein könnten

Ja, der Autor des vorliegenden Buches ist auch der mit den starrenden Männern und den Ziegen - seiner literarischen Vorlage verdanken wir diesen skurrilen Film. Radikal kam davor, genauer noch im Sommer 2001, auf den US-amerikanischen Buchmarkt und wurde mit einem Schlag zum Bestseller. Noch lange vor 9/11 oder der ultrakonservativen Tea Party - Bewegung, hat sich Jon Ronson mit Menschen getroffen, die uns durchaus unheimlich sein dürften. Islamistische Hassprediger, christlich-fundamentalistische Waffennarren oder Ku-Klux-Klan Anhänger - das bunte Konglomerat an fanatischen Charakteren füllt seitenweise Reportagen. Alle haben eins gemeinsam: Ihren unerschütterlichen Glauben an die Macht der Bilderberger, des CFR und Bohemian Clubs oder der Trilateralen Kommission.

Jon Ronson selbst schreibt, dass er drohte diesem Wahn von Recherche zu Recherche mehr Glauben zu schenken. Doch wo verschwimmt die Grenze zwischen Wahn und Wirklichkeit? An der nötigen Objektivität, um sich dieser Frage ernsthaft stellen zu können, mangelt es dem Autor an keiner Stelle. Der durchweg unterhaltsame Stil des Buches, dass im unabhängigen Schweizer Salis . Verlag auf Deutsch erschienen ist, lässt Platz für freie Gedanken. Da wird nicht durch den Kakao gezogen und jede Tür zugemacht, hinter der mehr lauern könnte, als die absolut politisch korrekte Interpretation einiger politischer Vorgänge.

Erwähnenswert ist, dass dieses Buch nicht nur sehr schick daherkommt, sondern auch ein etwas größeres Format hat. Nicht nur inhaltlich gut, es macht sich in deinem Buchregal auch noch gut. Wäre das doch noch viel öfter so ...

und nun die werbung:

18 September 2010

film: Words

wordsWORDS
everynone (usa / 2010)
director: Daniel Mercadante, Will Hoffman
producer: Robert Krulwich
music: Keith Kenniff
in coop: WNYC's Radiolab & NPR

Komm schon, drück auf PLAY. Du wirst es nach den knapp drei Minuten erneut tuen. Jedenfalls ging es mir und vielen anderen Menschenkindern so, die diese Produktion von everynone [*] angeschaut haben. REPEAT. Die Produktionsfirma aus Los Angeles und New York hat bis dato schon einige großartige Filmchen produziert.

Words kann kurz zusammengefasst werden. Wörter können die unterschiedlichste Bedeutung haben. Scheinbar zusammenhanglose Fragmente ergeben ein schönes Ganzes. Dieser Film ist ein wundervolles Mosaik, ein audiovisueller Genuss.

16 September 2010

szene: Onkel & Onkel mit David Biene

hopped-upONKEL & ONKEL MIT DAVID BIENE

zeitraum: 29.09.2010 um 18:00
location: haus der photographie, bibliothek, deichtorstraße 1-2, 20095 hamburg
kosten: keine
details: freundeskreisphotographie.de

Es gibt viele Fotobuchverlage. Viele kleine, gute und erwähnenswerte Fotobuchverlage mit durchaus betrachtenswerten Titeln. Einer ist defintiv Onkel & Onkel [*] in Berlin-Kreuzberg, wobei er sich auch durch eine Auswahl an belletristischen und verschenkbaren Büchern auszeichnet.

Am 29. September 2010 wird er sich unter dem Motto 'Wie arbeitet ein unabhängiger Kunst- und Fotobuchverlag?' vorstellen. Ebenfalls am Start ist der Berliner Fotograf David Biene. Sein mit 2 CDs ausgestattet Buch 'Hopped Up - European Hotrod Culture' steht für ihn und den Verlag im Fokus des Abends. Uns erwarten realistische und in keinster Weise retuschierte Fotografien aus einer Subkultur, die in Europa stetig wächst. Die erste Auflage des Buches von David Biene ist übrigens bereits vergriffen und zur Zeit wird nach Sponsoren für die Realisierung einer zweiten Auflage gesucht. Ideen hierzu dürfen an mail [at] hopped-up.com geschickt werden.

Wer Zeit hat sollte sich diesen Abend nicht entgehen lassen.



medientipps:

13 September 2010

media: dasrohmaterial

dasrohmaterialDASROHMATERIAL
web. dasrohmaterial.de
heads. dominik mattwig, navid shahabi, ...
since. 2009
location. ahrensburg

Wir lieben Kultur und zu Kultur gehört Musik, die wir lieben können. Ach jetzt gerade sind Debatten über den Kulturbegriff an dieser Stelle unerwünscht - man will jetzt halt mal simpel ein. Simpel beziehungsweise schlicht und ergreifend ist auch das Konzept von dasrohmaterial. Seit 2009 gestalten Dominik Mattwig, Navid Shahabi, Jöran Mandik und Benedict Ernst aus dem beschaulichen Ahrensburg heraus das Blog, dessen Schwerpunkt zwar elektronische Tanzmusik ist, jedoch auch abseits dieses Genres so einiges hörenswertes präsentiert.

Vor ein paar Tagen war da über die neue Free EP auf seeksicksound [*] zu lesen. Es ist doch so - jeder steckt in seinem Metier fest. Dort schämt sich der Autor ein wenig dafür, dass er ein paar Tage zu spät ist mit diesen Neuigkeiten, hier freut sich der Autor, dass die Boxen ab sofort dank neuer Musik pumpen lassen kann.

KYLIE MINOGUE + FCKN CREW // ALL MY LOVERS


dasrohmaterial ist eine anständige Bereicherung für deine Bookmarks. Die Auswahl ist geschmackvoll, das Design hübsch bis stylish und für diese Worte werde ich nicht bezahlt. Vielen Dank für die ungeteilte Aufmerksamkeit.

10 September 2010

einwurf #20

joaquin phoenixdas ist unser einwurf #20 heute: im kino mit herrn phoenix.

Drogen? Wahnsinn? Gossip, Gossip, Gossip und so wollte er das wohl auch. Nach einigen skurillen Auftritten und viel Spekulation über den Gesundheitszustand des großartigen Schauspielers ist heute in den USA der 'Limited Release' des neuen Films mit und über Joaquin Phoenix angesetzt. I'm Still Here - The Lost Year of Joaquín Phoenix wird exklusiv in einigen Kinos gezeigt, bis er dann am 17. September landesweit startet. Im Vorfeld des Release gab es saftige Kritik. Obszön sei die Produktion und es ginge soweit, dass man Phoenix dabei bestaunen darf, wie er Kokain schnieft, Callgirls bestellt und ... naja, man sollte ja nicht alles verraten. Das wohl wirklich verstörende Element ist die Tatsache, dass nicht offenbart wird wie viel Wahrheit sich mit Fiktion mischt. Doku oder Mockumentary? Ein kleiner audiovisuellen Vorgeschmack hängt unten an.

Was der bekennende Veganer Joaquin Phoenix mit Sicherheit tut, ist der scheinbar so schönen, heilen Welt Hollywoods eine subtile Abreibung zu verpassen. Die Traumfabrik der sogenannten zivilisierten Erdhalbkugel verbirgt hinter ihren schillernden Fassaden nämlich mit Sicherheit genau das, was Phoenix in I'm Still Here inszeniert.

Eingeworfen sei noch, dass Joaquin Phoenix für die Independent Produktion 'Big Shoe' in die Rolle eines Schuhdesigners mit entsprechendem Fetisch zu schlüpfen vor hat. Es wird gemunkelt, dass Steven Spielberg Regie zu führen vor hat. Halleluja - da geht was.

08 September 2010

buch: Yishai Sarid / Limassol

cover yishai sarid limassolYishai Sarid / Limassol
aus dem Hebräischen von Helene Seidler
EAN 9783036955544 / 240 Seiten
Kein & Aber (2010) / 16,90 Euro

Ein namenloser Geheimdienstler und viele Wahrheiten in einem ewigen Konflikt

Der Schrifsteller Yishai Sarid lebt in Tel Aviv. Er diente viele Jahre als Nachrichtenoffizier für die israelische Armee, hernach studierte er in Harvard, arbeitete in Israel als Staatsanwalt und ist heute als Rechtsanwalt in seiner Heimatstadt tätig. Kurz - er weiß wovon er schreibt, wenn er einen Mann des Schabak auf die Jagd schickt. Sein zweites Buch ist in diesem Frühjahr im Schweizer Verlag Kein & Aber erschienen und gehört mit für mich zu einem der Besten seines Genres. Limassol ist jedoch nicht nur ein Politthriller, wie man schnell spürt.

Getarnt als erfolgreicher Investmentbanker, mit einer aufflammenden Passion für die Künste des Schreibens, soll der namenlose Geheimdienstler sich der Schrifstellerin Daphna annehmen. Mit ihrer Hilfe muss er Kontakt zum schwerkranken Dichter Hani im Gazastreifen herstellen. Dessen Sohn wird vom israelischen Inlandsgeheimdienst verdächtigt als Führungsmitglied der Hisbollah schwere Anschläge in Israel zu planen.

Was anfangs als recht klares Unterfangen erscheint und unseren Helden zu langweilen beginnt, entpuppt sich als Vexierspiel mit lauter Unbekannten. Ein toter Verdächtiger, bei einem außer Kontrolle geratenen Verhör, innerfamiliäre Konflikte, der drogenabhängige Sohn der schönen Daphna und das unberechenbare Spiel der Liebe ziehen den Geheimdienstler immer tiefer in einen Strudel, der den Leser bis zu einem fulminante Showdown im zypriotischen Limassol nicht mehr loslässt.

medientipps:

06 September 2010

film: It's Okay to Drink Whisky

its okay to drink whisky IT'S OKAY TO DRINK WHISKY
so loose (uk / 2002)
director: Paul Andrew Williams
producer: Piers Fawkes
dop: Ben Moulden
music: Laura Rossi
cast: Anne Firbank, Olivia Fox, Pamela Lynne

Die Seele trennt sich vom Leib und schwebt über dem leblosen Körper. Darauf rauscht sie losgelöst von Raum und Zeit durch das vergangene Leben. Ist das so? Lassen wir nach unserem Tod alle Erfahrungen nochmals Revue passieren? In Enter The Void [*], dem neuen Kinofilm von Gaspard Noé mag es so sein, doch in Paul Williams' Kurzfilm It's Okay to Drink Whisky geht es directement in einen Waschsalon. Jedenfalls für drei Damen die im Mittelpunkt dieser Produktion stehen.

Sie teilen ein Schicksal, eine Flasche Whisky und die wenigen intimen Minuten der Wartezeit an diesem höchst surreal anmutenden Ort. Vorweg zu erwähnen sei, dass dieser Kurzfilm nicht unbedingt frei von Schockelementen ist und trotzdem ein höchst versöhnliches und wunderschönes Ende findet. Vielen Dank für die ungeteilte Aufmerksamkeit.

05 September 2010

einwurf #19

das ist unser einwurf #19
heute: zurückspulen.

Als ich klein war, sah die Welt noch anders aus.
Wolken waren weiß. Grüne Grashüpfer hatten Namen.
Der Dackel des Nachbarn war groß und gemein.
Sand in den Schuhen. Sand in den Hosentaschen.
Der Kochfisch im Kindergarten war furchtbar.
Ständig Autostau auf dem Straßenteppich.
Mit dem blauen Fahrrad radeln lernen.
Die Rückbank von Opas grünem Golf.
Und die Mumins im Mumintal.

die mumins


grafik (c) REPRODUKT [*]


Zweihundert Mal krisenzeit & sonnenschein.
Nostalgie malt manchmal melancholische Bilder.
Hier nicht. Denn schön ists gewesen.
Stets. Auf das es so bleibt.

medientipps:

03 September 2010

szene: Poetry Slam Deluxe

poetry slam deluxePOETRY SLAM DELUXE

zeitraum: 15.10.2010 um 19:30
location: stage club, stresemannstraße 163, 22769 hamburg
kosten: ak 5,- (stehplatz) / vvk 7,- (sitzplatz)
details: dynamicstylez.com

Irgendwie hat man ein sehr vorgefertigtes Bild von Poetry Slams. Alles was sich trifft und slammt, läuft Gefahr in die Schublade derer zu fallen, die sich selbst viel zu ernst nehmen. Kann so stimmen, muss aber nicht und selbst wenn es so ist, dann muss man sich halt bewegen und mitmachen. Hier ist die Poetry Slam Reihe, die Florian Kahl (dynamicstylez) alle acht Wochen organisiert, zu empfehlen. Kontaktmöglichkeiten findet der geneigte Leser auf dynamicstylez.com oder, wie sollte es anders sein, via facebook.com [*].

Am 15. Oktober trifft man sich wieder in den eleganten Räumlichkeiten des Stage Clubs an der Stresemannstraße, eine Gehminute vom S-Bahnhof Holstenstraße, und gibt sich drei Runden poetischer Auseinandersetzung. Titelverteidigerin Jenny-Dorothea alias Horst Slammer tritt gegen eine bunte Auswahl an - moderieren wird die Hamburger Schriftstellerin Victoria B. Robinson.