José Saramago: Die Stadt der Sehenden
aus dem Portugiesischen von Marianne Gareis
Rowohlt Taschenbuch / 9,90 Euro
Stell dir vor es ist Wahl und keiner geht hin - ein großartiges Buch von Demokratie und Moral.
Die größte Sorge der staatlichen Intitutionen dürfte darin bestehen überflüssig zu werden. Als am Wahltag über 75% der Wahlzettel leer bleiben und sowohl Regierung wie Opposition vor einem Dilemma stehen, wird die Bequemlichkeit der Bürger als Argument für die Schlappe vorgeschoben. Neuwahlen stehen an und es kommt, wie es kommen musste: Diesmal werden sogar 83% ohne Kreuz bleiben.
Die Behörden verlassen die Stadt und das Militär patroulliert durch die Straßen. Wo der Leser das aufkeimen von Chaos und Plünderungen erwartet, bleibt es still. Das Leben geht weiter. Doch für die lupenreinen Demokraten ist klar, dass die Stadt von Terroristen infiltriert wird und versucht mit Staatsterror den stillen Widerstand zu brechen. Folterungen, willkürliche Verhaftungen und Überwachung. Das ist Saramagos wehrhafte Demokratie.
Dieser politische Roman des großen Moralisten Saramago ist sarkastisch, intelligent und spannend. Man kann den Roman in zwei große Abschnitte teilen. So wird der Leser in die Materie auf stilechte Art und Weise eingeführt und später anhand zweier Protagonisten und ihre persönlichen Motive durch eine Stadt im Ausnahmezustand geführt. Eine mahnende Parabel des Nobelpreisträger, die gerade heute aufrütteln kann und dabei eine Menge Lesefreude bereitet.
medientipps:
20 Mai 2008
buch: José Saramago / Die Stadt der Sehenden
labels:
lit.fiktional
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen