24 Januar 2010

szene: Frappant - Helm auf! Mund zu!

frappantFrappant - Helm auf! Mund zu!
Architektur, Film, Fotografie, Freie Kunst, Grafikdesign, Illustration, Mode - und Kostümdesign, Musik, Stadtplanung. Über 130 Leute sind im Frappantgebäude am Arbeiten.

zeitpunkt: 28.januar - 23.januar 2010
locations: frappant, große bergstraße 174, 22767 hamburg

Sogar überregionale Medien haben über das Corpus Delicti "Frappant" berichtet - dieses Wochenende gabs dort auf die fünf Sinne

Weshalb die Wortwahl Corpus Delicti? Auf der einen Seite könnte man das Frappant in der Großen Bergstraße als Relikt eines städtebaulichen Verbrechens sehen, auf der anderen Seite ist auch der gegewärtige Umgang mit den kultur- und kunstschaffenden Menschen vor Ort verbrecherisch. Noch vor der Gründung des Frappant e.V. und dem Einzug in den gleichnamigen Gebäudekomplex hatten es die Künstler nicht leicht - da gab es Sanierungen mit anschließendem Druck doch auszuziehen, weltfremde Auflagen und irrwitzige Mietpreise.

Inzwischen hat sich im Frappant einiges getan. Die dort ansässige Szene hat einen öffentlichen Raum geschaffen, dessen Wert möglicherweise für Miethaie, Paragraphenreiter und Erzkapitalisten nicht messbar ist - für uns ist er messbar. Jetzt will Ikea rein, aber WIR SIND SCHON DA. Es ist schwer vorstellbar, dass sich an diesem Zustand so einfach etwas ändert. Schon am Beispiel des Gängeviertels in der Hamburger City hat sich gezeigt, dass da was gehen kann. Problem ist nur, da ging es nicht um das sympathische, weltoffene Möbelhaus (Achtung: Ironie!) aus Schweden. Es soll nicht geleugnet werden, dass gegen gelegentliche Einkauf bei Ikea im Umland nichts spricht und diese Debatte wird hier auch nicht geführt werden. Die öffentliche Wahrnehmung in Sachen Gängeviertel war nur tatsächlich eine völlig andere. Der Frappant e.V. hat es eben nicht mit einem gesichtslosen Investor zu tun, sondern mit dem annerkannten Mitglied der Konsumgesellschaft.

Es ist dringendst empfehlenswert hier jetzt mit dem Gemecker aufzuhören. Viel schöner sind nämlich die gegenwärtigen Projekte die im und um das Frappant laufen. Noch viel schöner die Alternativen die der Verein, seine Mitglieder und Unterstützer in Sachen Nutzungskonzept ausgearbeitet haben.

Von all diesen kleinen und großen Dingen haben wir uns gestern erneut ausgiebig begeistern lassen. Im 7.Stock des Ex-Karstadt gab es bis heute unter dem Motto "Helm auf! Mund zu!" einiges zu sehen. Internationale Künstler unterstützten mit dieser Ausstellung den Verein. Skulpturale Kunst, neben Fotografie, Videoinstallationen oder Leinwänden. Speziell herauskehren möchte man hier den großartigen Film von Matthias Santiago Staehle. Den Trailer zu "amor o muerte" findet ihr im Anschluss an diesen Beitrag.

Wer an diesem Wochenende keine Zeit hatte, sich im Frappant blicken zu lassen, der sollte keine Mühe scheuen und jederzeit den Weg dort hin auf sich nehmen - trotz Glatteis und Minusgraden. Überzeugt euch selbst, kommt ins Gespräch und ergeht euch nicht am hauseigenen Küchentisch bei Weinschorle über die heutigen Auswüchse des Kapitalismus. Geht raus. Zeigt, dass jemand wie Florian Breetzke mit seinem Statement recht hat: "Meine Wahrnehmung ist, dass die Bevölkerung sehr aufgeschlossen ist und die Stadt die Künstler sehr unterschätzt." Bis auf bald - ganz bestimmt, denn wir sind schon da!

3 Kommentare:

Asta hat gesagt…

Okay, okay. Sorry. Hab's geändert. :D

The Suziecide hat gesagt…

ich hab irgendwie da ein ganz schlechtes gefühl. glaube ja der kampf ist verloren. glaube da kann auch die kunst nix mehr machen. wenn den altoner stadtvätern nicht langsam klar wird, das kultur nichts mit konsum zu tun hat, erschlägt uns der 38m hohe blaue klotz.

elhonert hat gesagt…

@Asta
merci, merci ;)

@The Suziecide
ehrlicherweise ist es schwer an einen fortbestand zu glauben, wenn wir uns so umschauen. die entwicklug ist mies. jedoch bin ich der überzeugung, dass erst mit dem auszug des letzten künstlers die bagger anrollen können.